Schottland nach Wien bringen war die Idee. Umgesetzt wurde sie mit „Pipes and Drums“ bei einer waschechten Schottin. Tiefstapelnd begrüßte Ihre Exzellenz Lindsay Skoll in ihrem „house“. Doch man fühlte sich schnell heimelig in der Residenz der britischen Botschafterin, für die eine Whiskyverkostung „fast einen Tag wie üblich in den Highlands“ darstellt. Immerhin 14 Whiskys warteten, denn Importeur Ammersin hatte alle seine neuen „Schotten“ mitgebracht. Einiges war früher bei Bauer Spirits in Graz beheimatet, nun vertraut die südafrikanische Distell Group ihre Single Malts von Tobermory, Deanston und Bunnahabhain der Wiener Getränkegruppe an.
Womit neben den Blends von „Black Bottle“ auch die getorfte Whisky-Auswahl von Tobermory (sie läuft aber unter der Marke Ledaig) an den Tischen präsentiert wurden. Die Brennerei auf der Isle of Mull erstaunte mit den beiden extrem unterschiedlichen Abfüllungen. Dank des generellen Verzichts auf Justieren der Farbe mit Karamell zeigte sich die Sherry-Bombe namens „21 years“ schon in der Farbe deutlich anders als der „12 years“. Der semmelblonde Single Malt duftet nach Mandelkeksen, Birnen und lässt mit Luft immer mehr Steinobst erkennen. Für 46,3% vol. ist er im „nosing“ erstaunlich sanft und fruchtig. Diese zugängliche, man ist versucht zu sagen: sonnige, Art bestätigt der „12 years“ am Gaumewn: Nektarine pur und etwas Nusscreme zeigen sich, wenn man den Schmeichler länger über den Gaumen rollen lässt. Das wäre lieb und aller Ehren für einen Einstieg in die Tobermory-Welt wert. Doch dabei belässt er es nicht. Im Finish kickt dann der alkoholische Biss dazwischen und die herben Töne des Rückaromas bringen eine fast medizinale Qualität mit. Das hat definitiv etwas!
Der „21 years“ mit dem Mahagoni-dunklen Rotstich in der Flasche kann auch im Duft seine Passage im Oloroso-Fass nicht verleugnen. Warum sollte er auch? Die Patisserie-Düfte von getrockneten Früchten wie Dattel und Feige gehen mit dem Walnuss-Geruch eine attraktive Symbiose ein. Mit diesem Alter (und ebenfalls 46,3%) darf man ihm auch etwas Luft gönnen im Glas – dann schimmert die kantige Würze von Schwarzbrotkruste auch durch. Aber sie ist bei dem Konfekt-geilen Duft nach Dörrobst und Schokolade keine bestimmende Größe.
Die „Sherry-Sweetness“, wie man daheim in Schottland sagen würde, zeichnet sich im Duft ab, im Mund wird sie zu einem saftig-süßen Vergnügen. Wie ein Karamellbonbon erfreut dieser Tobermory den Kenner. Zumal sich auch Weichsel und Marzipan ab der Gaumenmitten einstellen. Auch hier kommt final der Alkohol kurz zu seinem Recht. Das ist einerseits positiv, weil trotz des „fruchtigen“ Sherry-Fasses die Familienähnlichkeit zum „12 years“ gewahrt bleibt. Zum anderen währt diese scharf-würzige Phase nur kurz. Man zähle einfach zwei Minuten herunter, spätestens dann hat sich ein erneut fruchtiger Ton eingestellt: Weinig und rotfruchtig sorgt ein Sauerkirsch-Gelée für den Ausklang dieses Single Malts voller südlichem Charme.
Eine Art Wiedererkennen stellte sich dann auch bei einem zweifellosen Highlight der Verkostung ein. Bunnahabhain war mit zwei Abfüllungen am Start. Genau genommen waren es drei, doch der 40 Jahre (!) gereifte Single Malt von den Hebriden wurde nicht offiziell vorgestellt. Wir kosteten ihn an der Seite der Hausherrin und sagen „Danke“ dafür! Die Eleganz dieser an Birnen, stückige Haselnuss-Creme (nicht an süßes „Nutella“ denken!) und gedörrte Marille erinnernden Islay-Rarität war bemerkenswert. Lässt man den Preispunkt und die müßige Debatte, ob eine Flasche das wert sein kann, weg, bleibt ein überraschendes Fazit: Dieser „40 years“ aus dem schmucken Holzkästchen war einer der trinkanimierendsten Whiskys vor Ort. Wunderbar hell und zugänglich, in dieser strahlend hellen Fruchtigkeit eine Art „Tobermory 12 years“ zur dritten Potenz erhoben.
Doch die Überraschung war der „25 years“ von Bunnahabhain. Er steht aktuell über dem „30 years“, dessen Ingwer-Pikanz im Abgang keine Verbindung zum fruchtsüßen Beginn fand. Ganz anders beim jüngeren der beiden offiziell gereichten Islay-Whiskys. Nuss und Datteln, die im Verlauf immer kräftiger werden, zeigen eine fruchtig-schmeichelnde Gangart an. Dass dazu auch noch getrocknete Orangenräder zu riechen sind, unterstützt diese Erwartung. Zu Recht! Auch wenn der Gaumen zu Beginn den leichten Rauch-Ton zeigt, der vielen Bunnahabhains eigen ist, meldet sich die cremig-nussige Seite sofort wieder. Dieses sanft getorfte Malz hebt die Brennerei von den „heavily peated“-Nachbarn auf Islay ab. In diesem Fall unterstützt das die Röstnoten der Nüsse und den leichten Ledertouch, der in Kletzen und dunklen Honig übergeht. Das letzte geschmackliche Wörtchen spricht beim „25 years“ aber der nussig-herbe Nachhall, der noch einmal das Malz in Erinnerung ruft. Darauf ließ sich trefflich und schottisch anstoßen: Slàinte Mhath.
Bezugsquellen:
Tobermory, „12 years“ Single Malt Whisky wird um EUR 48,90 (0,7 Liter-Flasche) angeboten, der „21 Years“ (Oloroso Sherry Finish) um EUR 195, beide bei Spiritlovers, www.spiritlovers.at
Bunnahabhain, „25 Years“ Islay Single Malt Whisky kostet EUR 450 (0,7 Liter-Flasche) ebenfalls bei bei Spiritlovers, www.spiritlovers.at