Wie sich doch die Zeiten ändern. „Mit 40 Hektar hat der Sauvignon Blanc Anfang der 1980er Jahre keine Bedeutung“, erinnert sich Steiermarks Weinverbandsgeschäftsführer Werner Luttenberger. Mittlerweile ist die Sorte in der Südsteiermark lange schon die Nr. 1 im Sortenspiegel, im gesamten Bundesland ist es demnächst so weit. Die gute Nachricht angesichts des Mengen-Wachstums: Auch die Qualitäten sind herausragend geworden in diesem Aufhol-Wettbewerb gegen die französischen Platzhirschen aus Sancerre oder Pouilly-Fumé. Das war auch der Anlass der Verkostung im Wiener Haas-Haus: Drei Mal en suite hatten südsteirische Winzer beim „Concours Mondial du Sauvignon Blanc“ Gold geholt, darunter zwei Mal die „Denis Dubourdieu-Trophy“ – sie steht für den ursprünglichsten Sortenausdruck des Sauvignons.
Mario Weber vom Weingut Kodolitsch holte mit dem „Rosengarten 2015“ im Vorjahr den Weltmeister-Titel beim wichtigsten Sorten-Bewerb. Mit seinen Vorgängern Reinhard Muster (2016) und Walter Skoff (2017) verkosteten wir drei Weine der Champs, darunter den jeweiligen Gewinnerwein des „Concours“. Diese sind längst ausverkauft, doch gespickt mit Anekdoten wurden auch Vorgänger und Nachfolger kredenzt. So hatte der erste Austro-Weltmeister Reinhard Muster seine Gewinnurkunde in einer Schublade verstauben lassen, weil er sie nicht als Sieger-Mitteilung sah: „Mein Englisch ist nicht so toll“. Wie man Weltmeister wird, verriet dafür Walter Skoff in aller Kürze: „Du darfst nie aufhören, kompromisslos zu sein“.
Skoffs 2017er „Kranachberg“ bringt das ätherische Grün im Duft mit, das man getrost als Haus-Stil bezeichnen kann. „Der Erhalt der Pyrazine“ (jener Geschmacksstoffe, die sich etwa als Grüne Paprika äußern) ist Skoffs Credo und das bringt diesem Sauvignon vom kristallinen Gneis eine an Minze, Erbsenschoten und Schwarze Johannesbeeren erinnernde Duftnote ein.
Mit einem pfeffrig-frischen Auftakt legt der jugendliche Wein los, wieder ist da Cassis, aber auch eine saftige, zart süße Gelbe Paprika-Schote. Lang und intensiv klingt der Wein mit einem Touch Rauchpaprika nach. Vor allem ab der Mitte strahlen die Tropenfrüchte um die Wette. Anfangs eher Guave, im Abschluss dann auch Passionsfrucht-Jelly. Ein expressives Portfolio an Eindrücken in einem an sich noch frühen Stadium – weltmeisterliches Potential eben.
Der Nachfolger von „Reini“ Musters Weltmeister-Wein stammt aus der Lage Grubthal und wurde 2016 gekeltert. Er hat nicht nur eine arge Mengenbeschränkung hinter sich (1500 Kilo Trauben pro Hektar), sondern 70% der Ernte kam auch ins Barrique-Fass. Dieser Ausbau hat natürlich Spuren hinterlassen, die Fass-Noten erinnern an Honig, Elisen-Lebkuchen, die Lage selbst bringt ungewöhnliche, würzige Gerüche wie Safran und Traubenkern-Öl, ja sogar Knoblauch-Flocken, ein. Das mag nicht animierend klingen, doch ein Schluck vom 2016er des Weinguts Muster macht schnell klar, dass das Potpourri ein Ausdruck der Klasse war. Gleich zu Beginn führt der „Grubthal“ die Würzigkeit mit saftigen Gelben Paprika weiter, getrocknete Tomaten und Braune Senfsaat notieren wir ebenfalls, ehe die Frucht das Regime übernimmt: Kaktusfeige und eine deutlich kühlere Maracuja-Note als beim Skoff-Sauvignon zuvor stehen zu Buche. Unkonventionell und ebenfalls für die lange Strecke gemacht!
Vom Weingut Kodolitsch in Seggauberg findet man zwar etliches, das in der Ried Rosengarten wächst, doch die Qualität des Sauvignons dürfte sich herumgesprochen haben. Weissburgunder und Chardonnay gibt es, doch der Weltmeister-„SB“ bleibt verschwunden. Gut, dass es bei Christa und Nikolaus Kodolitsch noch Reste am Weingut gibt, so konnte man sich von der Qualität des 2015ers überzeugen, auf dem nicht von ungefähr T.M.S. steht (das die Abkürzung für „Trink ma sölba“ darstellt, wie Kellermeister Mario Weber lächelnd erklärte). Butterkeks und Mango-Lassi zeichnen diesen im 600 Liter-Fass gereiften Wein aus. Das Mundgefühl des „Rosengarten“ ist ähnlich intensiv, hier kommt die Vanille des Fassholzes durch, auch wenn die kühlen Noten der Banane Paroli bieten, zeigt sich immer wieder die Kraft dieses Weines. Das herbe Finish bleibt in Erinnerung, es animiert zum Nachtrinken.
Und man findet es in weitaus frischerer Form bei einem Fassmuster, das sich alle notieren sollten, die die 2017er Auflage des Rosengarten nicht verpassen wollen. „Der kommt im August auf die Flasche“, doch die Intensität merkt man bereits der Fass-Probe an; fast Hopfen-artig drücken sich die Trauben dieses „fast besten Jahres“ (© Weber) aus. Cassis pur schmeichelt dem Gaumen, die Stachelbeeren im Duft sind mit etwas Honig abgepuffert.
Das Schöne an der mittlerweile erreichten Sauvignon-Leistungsstufe: Man muss nur warten können. Und rechtzeitig anklopfen beim weltmeisterlichen Trio, das zeigt die Geschichte der vergriffenen Südsteirer-Champions der „Concours mondiale“-Jahre 2016 bis 2018.
Bezugsquellen:
Weingut Muster Gamlitz, Sauvignon Blanc „Grubthal“ 2016 führt um EUR 26,90 der Weinwelt-Shop von Interspar, www.interspar.at
Weingut Walter Skoff, Sauvignon Blanc „Kranachberg“ 2017 kommt erst auf den Markt, im Webshop führt das Weingut die Jahrgänge 2014 und 2016, jeweils zu EUR 21,50, https://skofforiginal.com
Weingut Kodolitsch, Sauvignon Blanc „Rosengarten“ 2017 ist ab August 2019 ab Hof verfügbar, http://kodolitsch.at/shop/