Wie auf einen Kindergeburtstag – unter japanischer Leitung – freuten wir uns, als die Einladung zur großen Shōchū-Verkostung einlangte. Weil: Wos is des? Ganz genau! Eine neue Getränkekategorie, ausführlich verkostet und fachmännisch erklärt, hat man nicht alle Tage im Glas. Zumal es mit den fernöstlichen Getränken auch so eine Sache ist. Weder der hantige Baiju aus China, noch das Brimborium um Sake, für den ja eigene Sommeliers zertifiziert werden, hat sich uns erschlossen. Doch der Shōchū, das stellt sich schnell heraus, ist so etwas wie die „Anything goes“-Spirituose. Er kann aus Gerste, Reis oder Süßkartoffeln erzeugt werden, wie Yuri Iwata einleitend erzählt. Sie hat sich mit ihrer Firma zwar auf Sake spezialisiert (und nennt sie auch Sake no Ba), doch am Iki Shōchū, Kuma Shōchū oder Satsuma Shōchū – der immer nach seinem Grundstoff unterschieden wird – wollte sie nicht vorbeigehen.
Es gäbe sogar noch mehr erlaubte Stärkequellen (etwa Maroni), doch der Löwenanteil stammt nach wie vor aus Süßkartoffeln. Die unterscheidet man dafür in ihrer Hochburg, der Insel Kyūshū, nach Sorten. Jene, die wir aus den Supermärkten kennen und die oranges Fruchtfleisch haben, sind gar nicht so beliebt. Man greift lieber zu den hellgelben Erdfrüchten der Sorte Kogane sengan. Wie Sake oder Sojasauce werden die Süßkartoffel mit der Pilzkultur Kōji behandelt. Aus ihr wird eine erste Maische „gebraut“, darauf folgt im traditionellen Honkaku Shōchū ein einzelner Destillationsvorgang. Die mit 35-44 % vol. aus der Brennblase laufende Flüssigkeit wird dann aber auf 25% herunterverdünnt. „Weißer Koji ergibt ein weiches und süßliches Destillat, der schwarze Koiji liefert eher bitteren und trockenen Shōchū“, erklärt Kennerin Iwata die Unterschiede. Auch die früher verpönte Überreife der Süßkartoffeln wird mittlerweile geschätzt, „sie ergibt einen intensiven Lychee-Duft, den manche Brenner kultivieren“.
Er ist vor allem zu Anfang sehr präsent im „Hanadori“, einer Abfüllung der Brennerei Kodama, die man bei der Präsentation im Wiener Shiki zum Dessert reichte. Und zwar in einer eisgekühlten Form, was die Vergärungsnoten – ein wenig an Grappa erinnernd – langsam auf Touren kommen lässt, wenn sich der Shōchū erwärmt. Der Lychee-Duft ist aber sofort da, auch ein wenig „Eiszuckerl“.
Beim „Ouka“ wiederum, einer mit 25% vol. aufgelegten Abfüllung der Kuroki Honten Brennerei, kommt diese Note erst am Gaumen durch. Er wurde in der Japan-weit beliebten Form eines Mizuwari, also mit Wasser verdünnt, zu Wagyu-Bällchen serviert. Diese Variante bringt den Alkohol fast auf die Stärker kräftiger Weine (ca. 15,5% vol.), der Geschmack ist aber intensiv, auch die Nase bekommt viel geboten: Dieser Shōchū riecht er wie ein italienischer Aperitif-Likör nach Orangen und herben Schalen. Ein wenig erinnert sein Duft auch an Premium-Wodka, zumal da auch Getreideflocken zu merken sind.
Der Geschmack wiederum lässt mit Anklängen von Lychee und anderen Tropenfrüchten ein wenig an Pisco denken. Denn vor allem ist auch ein zarter (Muskat-)Trauben-Ton ist zu schmecken. Zum Essen – ein Haupteinsatzgebiet des Shōchū in Japan – passt für allem die kühlende Art im Finale. Hier ist dann wieder der leichte Cornflakes-Touch, aber auch eine feine Süße von Jaffa-Orangen, zu spüren. Die Säure-Armut des Getränks macht den „Ouka“ auch im „Pairing“ mit schwierigen Kandidaten der Sommellerie, etwa Salat oder Tomaten, zu einer guten Option. Aber, ganz egoistisch gedacht: Dieser Kategorie versöhnt mit Destillaten aus Fernost – „bitte, noch so einen Mizuwari“!
Bezugsquelle:
Kuroki Honten Brennerei, „Ouka“ ist um EUR 39 (0,720 Liter-Flasche) erhältlich, der , alle im Webshop von „Sake no Ba“, https://sakenoba.com