„Mature“, also reifer, seien sie im achten Bestandsjahr geworden, die schottischen Brau-Punks von „Brew Dog“. So fasste zumindest Jonathan „Jonnie“ Reid, der Mann für die europäischen Märkte, das neue Erscheinungsbild der Kult-Brauerei zusammen. Am Inhalt der Flaschen hat man nicht geschraubt, gerne versetzt man noch geschmackliche Grenzen, etwa mit der Neudefinition des Lager-Biers mit dem bescheidenen Namen „This. Is. Lager.“
Jonnie Reid hatte aber auch den Klassiker – Punk IPA – mit, über den hierorts ja schon zu lesen war. Und selten wird an einem Abend im Chelsea zu Wien so oft das Wort Mango gefallen sein. Denn nicht nur der markante an „Latella Mango“ erinnernde Geruch des IPAs war dazu angetan, an die Frucht zu denken. Auch beim leichten Pale Ale namens „Dead Pony“, als „hoppy as hell“ beschrieben, aber von fortgeschrittenen Craft Beer-Trinkern als zu leicht (3,8% Alkohol) empfunden, drängte sich die Mango, neben Ananas und etwas Pfirsichkompott in den Vordergrund.
Das kupferfarbene „Five A.M. Red Ale“ hatte immerhin neben den hopfengestopften Exotikaromen auch Milchkaffee und eine fast an Schwarzwälder Kirsch-Torte erinnernde Schokokuchen-Creme-Melange zu bieten. Mit der zarten Bitternote am Gaumen befanden wir uns da schon am halben Weg zu einem Stout, die cremige Art, der Schwarzbrot-Touch, aber auch die herbe Note machten das Red Ale zu einem Bier der Marke „very british“, das sicher als Käsebegleiter – sardischer Pecorino wäre für ein kaledonisches Tänzchen gut – paßt.
Ebenfalls eine Art Stout („looks like Stout, tastes like IPA„, so der O-Ton Reids) stellt das „Libertine Black Ale“ dar, dessen 7,2% Alkohol es an sich schon reichhaltig machen, durch fünf Malzarten, aber nur einen Hopfen, nämlich Simcoe, den alten Mango-Spender, wird diese kräftige Art noch unterstrichen. In der Farbe dunkel wie Espresso, duftet es nach Pumpernickel, Malzbonbons, auch etwas Lakritze, und natürlich – weiter hinten, fast am Horizont, aber doch noch auszumachen – nach Mango. Schokolade pur legt sich auf die Zunge, dazu kommt eine angenehme Bittere, die im Finish von einem süßen, leicht Portwein-artigen Zug abgelöst wird.
Lager-Koller im Märzen-Land
Die größte Spannung herrschte beim Einschenken des neuen Lagers, das in Großbritannien ja eher nicht sehr gepflegt wird. Der Stil, um es vorweg zu nehmen, hat denn auch wenig zu tun mit dem, was wir Österreicher darunter verstehen. Genau genommen, dreht sich die Aroma-Abfolge fast um. Beim Hopfen wurde mit Saazer und Hallertauer (plus ein wenig Columbus) der klassischen Pilsner Tradition gefrönt, allerdings nahm man im schottischen Ellon bei Aberdeen zehn Mal mehr als im Industriemaßstab üblich.
Entsprechend lang ist das Finish, das praktisch nur aus adstringierenden Hopfennoten besteht. Zuvor machen Cornflakes, Salzkaramell und ein Hauch von Senfgurke neugierig, wie den die Schotten so ein Lager anlegen. Es baut sich langsam auf, beginnt mit erfrischender Kohlensäure, und fast möchte man schon „eh brav“ sagen, als dann die extreme Bittere zuschlägt. Zunächst noch durch die malzige Art, quasi einen Soletti- und Laugenstangen-Filter, gebremst, bricht sie sich dann gegen Ende immer mehr die Bahn. Lange wurde diskutiert, ob das denn ein Lager sei im klassischen Verständnis. Als Bier betrachtet stellt die Schoten-Version jedenfalls eine spannende Sache dar – und das gänzlich ohne Mango.
Bezugsquelle:
Brewdog, „Dead Pony“ Pale Ale ist um EUR 2,39, das „5 a.m.“ Red Ale um EUR 2,60, das „Libertine“ Black Ale um EUR und das neue Lager „This. is. Lager.“ um EUR 2,95 (jeweils 0,35 Liter-Flasche) erhältlich – alle bei Getränke Ammersin, www.ammersin.at