Wer noch am Boom der Agaven-Destillate zweifelt, muss jetzt stark sein. Denn mit dem Luxus-Konzern Moët Hennessy-Louis Vuitton steigt ein weiterer „Großer“ in das Tequila-Geschäft ein. Erstens passiert das im Lockdown und zweitens eröffnet man damit eine neue Sparte unter den Spirituosen der Franzosen. Der Produktionspartner vor Ort ist die „Agrotequilera de Jalisco“ der Familie Gallardo. Gemeinsam hat man einige Neuheiten ausbaldowert. Doch zuerst sei das Erscheinungsbild der franko-mexikanischen Freundschaftsproduktion gewürdigt: Denn der „Volcán de mi Tierra“ erinnert nicht nur mit seinem Namen an die vulkanischen Böden im Tequila-Bundesstaat Jalisco. Der leicht ansteigende, rauhe Flaschenboden zitiert ebenfalls einen Feuerberg.
Die wertige Aufmachung ist aber nicht die einzige Intervention im traditionellen Agaven-Brenner-Land. Auch, dass man einen Blend aus zwei Agaven-Chargen vorsieht, ist selten in Mexico. In diesem Fall scheint das Terroir-Konzept Pate gestanden zu sein, das man aus den Cognac-Regionen natürlich in der DNA hat und auch bei den hauseigenen Champagnern wie Ruinart, Krug oder Dom Pérignon von eminenter Bedeutung ist.
Die „grand cru“-Lagen, um im Jargon der Weinkeller zu bleiben, wären hier jene von Los Altos – dem Hochland von Jalisco. Ergänzt werden diese Pflanzen mit den Herzen von Weber-Agaven, die im Tal wachsen. Es handelt sich also um einen „100% Agave“ oder „Puro Agave“, bei dem der gesamte vergärbare Zucker nur aus Agaven stammt. Vergoren, wenn wir schon technisch werden, ist der Neue mit Champagner-Hefe, was für einen französischen Touch sorgt.
Bei einem anderen Produkt, dem „Cristalino“, läßt man sogar ehemalige Cognac-Fässer zur Reifung zu. Auch hier hat man die Chargen gesplittet. Allerdings geht es hier um das Alter: Añejo und Extra-Añejo bekommen für die Reifung entweder die französischen Fässer oder – ebenfalls Konzern-eigene – aus Schottland von Glenmorangie zugeteilt. Doch wie brave Mexikaner schätzen auch wir den einfachen „Blanco“ als Qualitätsausweis. Der „entfärbte“ Cristalino ist zu weit weg vom puren Agaven-Brand. Nun, auch beim „Blanco“ hat die Familie Gallardo ihr Händchen bewiesen: Der Duft ist ausgesprochen floral (Zucchiniblüte und etwas Lavendel), vor allem aber ist sofort der Ton der gekochten Agave da. Ihm zur Seite steht allenfalls etwas Grapefruit in diesem typischen Duftbild.
Wie mit den sanften 40% vol. und einer Selektion der piñas (wie die Agavenherzen heissen) zu erwarten, ist das Ergebnis sehr mild am Gaumen. Feine Mandelcreme-Noten und etwas Blütenhonig lassen einen den Tequila lange am Gaumen rollen, bis sich die Würze einstellt. Sie bildet ein Quäntchen Weißer Pfeffer, der gemeinsam mit Grünem Chili und etwas Rauchigkeit dann das letzte Drittel einleitet. Man mag das als Samtpfötchen für Tequila-Einsteiger missverstehen, doch das wäre nur die halbe Wahrheit. Die „mixability“ des „Volcán de mi Tierra“ ist fast zu greifen, vor allem tropische Säfte bieten sich an. Um nicht gleich die „Paloma“ zu erwähnen, für die der Blanco mit den Zitrusnoten extrem anschluss-fähig ist. Und wenn dabei ein bisserl französischer Chic in die Hausbar einzieht mit der „Vulkan-Flasche“ soll es uns nur recht sein. ¡Muy bien!
Bezugsquelle:
Volcán de mi Tierra, Blanco Tequila ist um EUR 44 im Webshop Clos 19 erhältlich, www.clos19.com