Das Herbst-Semester auf der Raritäten-Uni von Gumpoldskirchen hat begonnen. Was mit einem Proseminar in Sachen Rotgipfler im Frühling begann, wurde nun aus Propädeutikum für die Neigungsgruppe Zierfandler fortgesetzt. Eine Sorte, aber viele Winzer, standen auf der Lese-Liste zu diesem letztlich recht unakademischen Kosttag. Es sind nur mehr 85 Hektar, die es von der Kreuzung aus Rotem Veltliner und Traminer aktuell in Österreich gibt, nannte Johann Sperber vom Weinforum Thermenregion die aktuelle Zierfandler-Zahl. Und Gumpoldskirchen hat einen beträchtlichen Anteil daran. Womit es Zeit wurde, einmal die Bandbreite der Sorte im Detail zu beleuchten – 15 Variationen über das Thema „ZF“ vom Heurigenwein über kräftige Reserven bis zur Trockenbeerenauslese standen bereit.
Einer der sich bis zur Selektion der Klone der Sorte mit dem Zierfandler beschäftigt, ist der Winzer Hannes Hofer. Beim „Stocknarrn“ allerdings wird klar, dass derlei Hingäbe alles andere als närrisch ist. Klarapfel, Bananenmark, Nougat und zarte Tabaknoten – all das bringt 2015 aus der Neustiftgasse mit. Es ist, um es kurz zu machen, ein saftiges „Mäuvoll Wein“, wie man am Heurigentisch der Hofers gerne sagt. Konkret heißt das viel Mango, aber nicht die üppige Frucht, sondern ihre kühle Ausgabe, dazu eine leichte Kokos-Note. Wieder kommt Schokolade durch, doch die größte Überraschung ist die salzige Art, die Hofers Zierfandler im Abgang mitbringt. Er stellt somit nicht nur eine intensive Gaumen-Erfahrung dar, sondern bringt auch sein eigenes „Reinigungsmittel“ nach derlei Kraftakten mit. Trinken, frisch werden, weiter trinken – so geht also der Zierfandler-Landler!
Eine ganz eigene Stilistik brachte der dritte Wein der Probe – quasi der Lokalmatador, nachdem im Heurigen „Spätrot“ der Familie Gebeshuber verkostet wurde – mit. Der „Muschelkalk“ ergab wie auch bei manchen steirischen Lagenweinen eine überaus würzige Note. Was dem Morillon der Sesam-Geruch ist, war bei diesem Wein aber der Bärwurz. Dessen Samen, auch ein wenig Kreuzkümmel, sorgten für eine unverkennbare Duftspur. Da konnte auch die Tropenfruchtigkeit nicht ganz dagegen ankämpfen. Sie kommt dafür im ersten Schluck umso massiver durch. Ananas pur, wenn auch in kühler Form, steht hier zu Buche. Der Schmelz wird durch etwas Vanille aus den gebrauchten Holzfässern, in denen der Zierfandler bei Johannes Gebeshuber ruhte, noch unterstützt. Die mineralisch-würzige Ader drückt derlei Intensität aber nur kurz beiseite, im Finish verleiht sie dem 14% starken „Muschelkalk“ eine gewisse Frische.
Zwei, die sich mögen: Zierer und Zierfandler
Listig nähert man sich beim Weingut Zierer der Fast-Namensvetter-Rebe. Denn der 2016er aus der Großlage „Schatzberg“ ist ein einfacher Zierfandler aus dem Stahltank, der mit seiner süß-sauren Art letzten Endes als „brav gemacht“ durchgeht. Doch das ist ja nicht alles in Sachen „ZF“ bei Harald Zierer. Denn der 2013er aus der Riede Rasslerin lässt es quasi am Gaumen rascheln. Mit dem großen Holz, in dem der Zierfandler aus einer der ältesten Lagen des Orts reift, kommt die Tropenfrucht herrlich aus. Quitten, Pink Grapefruit, aber auch Vanille und der karamellige Schmelz von „Stollwerck“ sind da zu riechen.
Saftig zeigt sich Zierers Reserve auch am Gaumen, der heiße Jahrgang bringt die Sortenaromen richtig zum Glänzen: Helle Mango, nicht tropisch süß, sondern mit einer leichten Mineralik unterlegt, zeigt die Finesse des Zierfandlers. Fast wie eine „Peperonata“, aus richtig viel gelben Paprikas, spielt der 2013er am Gaumen zwischen saftig, süß und sauer. Zum vier-gestrichenen „S“ fehlt dann nur noch eines – und auch das hat die „Rasslerin“ in diesem Jahr zu bieten, nämlich Salzigkeit. Wie marokkanische Salzzitronen klingt dieser Wein aus – dass der Wein a) noch erhältlich ist und b) zu einem Top-Preis angeboten wird, sei noch erwähnt.
Und dann standen da noch die „süßen“ Varianten am Kosttisch im Spätrot-Heurigen. Wieviel Säure etwa eine Trockenbeerenauslese nach 15 Jahren noch mitbringen kann, demonstrierte Harald Zierers 2002er TBA vom Zierfandler. Nuss, Kakao und Oolong-Tee wie bei einem Late Vintage Port brachte diese mit 150 Gramm Restzucker gefüllte Schönheit in Mahagoni-Braun mit. 11 Gramm (!) Säure standen den Rosen- und Erdbeernoten am Gaumen (letztere darf man sich in Schoko getaucht vorstellen bei diesem Süßwein) gegenüber und sorgten für die Spannung im Glas.
Leider nicht mehr am Markt, dafür ebenfalls aus einem kühlen, perfekten Süßweinjahr, war Hannes Hofers Beerenauslese „der perfekte Wein zur Gänseleber“, wie unisono gleich mehrere Verkoster ausriefen. Um keine langen Zähne mit Detailbeschreibungen zu machen – sie hatten Recht. Und selbst die mit nur 10 Gramm Restzucker gefüllte Zierfandler Riedencuvée 2015 von Christian Schabl zeigte, dass Süße der Sorte gut ansteht. Holunderblüte und gelber Apfel, dazu getrocknete Rosenblätter (die Verwandtschaft zum Traminer!) kamen im Duft durch. Saftig und fast leicht mostig kamen die gelben Früchte (Apfel, aber auch Nektarine) hier durch; ein Hauch von „Eis-Zuckerl“ störte nicht, die dezente Süße rief hier nach dem Ausflug zur „Foie gras“ beim Hofer’schen Zierfandler die Lust nach Bodenständigem hervor. „Der paßt zum Bratlfett’n-Brot“, schoß es uns ein. Und das Schöne an echten Heurigenorten wie „Gumpolds“ – Schabl hatte auch glatt ausg’steckt.
Bezugsquellen:
Christian Schabl, Zierfandler Riedencuvée „halbtrocken“ 2016 ist um EUR 8 ab Weingut erhältlich, www.schabl.me
Hannes Hofer, Zierfandler „Stocknarrn“ 2015 ist um EUR 13,40 ab Hof erhältlich, www.weingut-hofer.at
Harald Zierer, Zierfandler „Rasslerin“ 2013 ist um EUR 12 erhältlich, die Restmenge der großartigen TBA 2002 um EUR 18, jeweils im Weingut bzw. im Webshop, www.weingut-zierer.at
Weingut Gebeshuber, Zierfandler „Muschelkalk“ 2015 ist um EUR 15,80 bei Craft Wines erhältlich, https://craftwines.com