Für Whisky-Freunde war mal wieder „that time of the year“. Der Zeitpunkt, wenn es nötig wird, das Sparschwein zu schlachten. Denn Diageo als größter Eigentümer schottischer Brennereien hat wieder seine Special Releases vorgestellt. Acht Abfüllungen, die es nur in dieser Serie gibt und die traditionell unter einem Motto stehen. Nach Floralem rund um die Brennereien (2019 – hier nachzulesen) und tierischem Artwork in den Vorjahren stand diesmal der Kultur-Austausch nach dem Motto „Spirited Xchange” im Mittelpunkt. Was in der Regel bedeutet, dass Fässer oder Vorbelegungen aus aller Welt bei den wie stets in „Natural Cask Strength” gefüllten Whiskys zum Einsatz kamen.
Wir beginnen unseren Verkost-Parcours mit dem spannendsten Release, da „The Origami Kite“ zugleich die erste offizielle Single Malt-Abfüllung der auf 12,6 Mio. Liter ausgelegten Brennerei Roseisle darstellt. Die Fässer (Ex-Bourbon und Refill Casks ) sind hier nicht so spektakulär, allerdings bringt der „12 years“ mir seinen 56,5% vol. eine ganze Backstube mit: Birne, Zimt, Malaga-Eis und eine Duftmelange wie Macarons zeigen einen zugänglichen Malt aus der Speyside. Auch der Antrunk ist süßlich, die Malz-Töne fallen elegant aus, viel Frucht (hier: Steinobst) und Waffelteig machen einen der weniger „Special Releases“ dieses Jahres aus, die auch ohne Wasser-Zugabe ihr geschmackliches Maximum zeigen. Toller Erstantritt!
Einer der dunkelsten Single Malts des Oktetts war der 2023er Talisker, auch wenn man sich über das genaue Alter ausschweigt. Das Auge täuscht nicht, da Portweinfässer (weißer, Ruby und Tawny) im Spiel waren. Dem erwartbaren Smoke von Skye tut das keinen Abbruch; er mischt sich mit Haselnuss-Plätzchen und Salzbrezeln. Auch der Gaumen zeigt vertraute, wenn auch gerundete, Noten von Rauchmalz und Laugengebäck sowie ein trocknendes Finish. Wasser macht daraus eine schokoladigere Mischung, die aber immer kräftig-kantig verbleibt.
Wenn man eine Enttäuschung in dieser Whisky-Wundertüte sucht, ist es wohl das „Beast of Dufftown“. Nicht nur, weil das Profil von Mortlach in der Regel diesen Beinamen rechtfertigt (etwa beim 15 years), sondern auch wegen der Vorbelegung. „The Katana’s Edge“ verweist auf Japan, von wo die Whiskyfässer („Kanosuke“ aus der Präfektur Kagoshima) stammen. Parallel wurde auch in Pinot Noir-Weinfässern nachgereift. Das 58%-ige Ergebnis bringt mit Speck-Krusteln und Umami-Power in der Nase auch überzeugende Noten mit. Doch der Geschmack des offenbar recht jungen Whiskys erinnert an Malzbier ohne Süße. Wenig von der fleischigen „Geilheit“ des Duft ist hier geblieben, allenfalls ein wenig Salzkaramell. Wasser kitzelt dann Früchte (Dörrbirne, aber auch „rote“ Geschmacksnoten wie Erdbeere) heraus. Doch der Eindruck eines gezähmten und/oder zu jungen „Beasts“ bleibt.
Da kann der Islay-Vertreter Lagavulin schon eher sein Image bestätigen. Zumal man ihn in Tequila-Fässer gesteckt hat. Und zwar solche der Konzern-eigenen Topmarke Don Julio. Dieser Añejo hat den Raucher von der Insel auch geprägt: Asche und Speckrauch treffen auf einen Geruch nach Cocktail-Tomaten. Umami satt also! Saftig zu Beginn, geht der „12 years old“ ab der Gaumenmitte auf, als würde man an einem Lederhandschuh lutschen. Es ist der Mix des 56,3% starken Islay-Malts mit Wasser, der daraus ein herrliches Getränk macht: Haselnuss-Creme und fast Marzipan legen sich da über den Rauch, das Salz verschwindet und der Nachhall gehört einem hoch eleganten, saftigen Mandel-Schoko-Mix. Eine tolle Metamorphose, auch wenn orthodoxe „Laga“-Fans damit hadern, wie einige Diskussionen unserer Vorliebe für diesen „Special Release“ zeigten.
Den Ältesten im Bunde, Glenkinchies „The Floral Treasure“, zeichnen satte 27 Jahre in US-Eiche, aber auch europäischen Fässern aus. Helle, röstige Cerealien im „Cornflakes“-Stil treffen auf eine interessante Pilz-Note (Rot-Täubling) und – ganz anders gelagert – auch Rumrosinen. Der Gaumen des Lowland-Whiskys hält mit dieser Spannung nicht ganz mit. Mit feinem Gerbstoff versehen, bringt er fast schon Trinkstärke mit trotz der 58,3 % vol., so mild fällt der Mix aus Apfel und Pfirsich aus. Im Abgang federt dann doch noch die Würze von Chili und Szechuan-Pfeffer nach. Etwas Wasser hebt dann eine weitere Frucht-Note – pochierte Birne – auf den Schild.
Eine Überraschung hingegen stellte der Singleton of Glendullan dar, ansonsten ein zu weicher (Einsteiger)Malt für unseren Geschmack. Doch erstens reifte er für die Sonderedition 14 Jahre und erfuhr ein Finish im Chardonnay-Fass aus der Bourgogne – keine schlechte Referenz! Und der Duft nach Kuchenteig und Apfelkompott (samt Zimtrinde) bestätigt die hellfruchtige Erwartung. Auch ein Stückchen Ananas scheint in den 55% vol. starken Schmeichler gefallen zu sein. Am Gaumen fällt das schon kräftiger aus, hier spicken Pekannüsse den Blätterteig bzw. die Keksmasse. Schwarzer Pfeffer verlängert den Nachklang. Mit Wasser allerdings entwickelt sich eine Art flüssiges Vanillekipferl. Da wird der Singleton zu einem richtig süffigen Single Malt, der mit cremigen Ananas-Noten richtig betört. Der Beiname „The Silken Gown“ sitzt da wirklich wie ein Seidenkleid.
Wem dieser Dessert-Whisky-Stil gefällt, kann noch einen zweiten Liebling entdecken: Clynelish 10 years old alias „The Jazz Crescendo“ verbindet feinen Malzgeruch mit Vanille, Banane und Haselnuss-Busserln, dazu schwebt ein Hauch Milchkaffee über dem Glas. Ähnlich dann er Kostschluck, der den Mandel-Bananen-Mix mit nur wenig Pfeffrigkeit verbindet. Nur wenig Wasser braucht es zum Zähmen dieses Whiskys, der sich als tolle Nachspeise erweist.
Tendenziell in diese Richtung geht auch die 2023er Abfüllung von Oban, einem häufigen Gast in der seit 2001 existierenden Special Release-Reihe. Die Tropenfrüchte des elfjährigen Single Malts fallen nicht von ungefähr Rum-artig intensiv aus; die Nachreifung erfolgte in karibischen Pot Still-Rum Casks. Passionsfrucht und Shortbreads, mit extra viel Butter gebacken, erfreuen die Nase. Allerding kommt zum puren Toffee, das zu Beginn den Gaumen wie eine Süßigkeit auskleidet, dann auch Dörrzwetschke und ein allzu trocknendes Finale. Wasser stellt wieder die Rum-Assoziationen her: Piment, Nelke und etwas Milchkaffee runden den Oban deutlich angenehmer ab. Herrlich, so eine Whisky-Wundertüte!
Bezugsquellen:
Lagavulin, 12 Years „ The Ink of Legends” (=Special Release 2023) kostet EUR 189,90;
Clynelish, 10 Years „The Jazz Crescendo” (=Special Release 2023) ist um EUR 199,90 zu haben;
Talisker, „The Wild Explorador” (=Special Release 2023) wird um EUR 139,90 angeboten;
Glenkinchie, 27 Years „The Floral Treasure” (=Special Release 2023) kostet EUR 399,90;
Mortlach, „The Katana’s Edge“ (=Special Release 2023) hat einen Preis von EUR 299,90;
Oban, 11 Years „The Soul of Calypso” (=Special Release 2023) wird um EUR 169,90 gehandelt;
Roseisle, 12 Years „The Origami Kite” (=Special Release 2023) kostet EUR 139,90:
The Singleton, 14 Years „The Silken Gown” (=Special Release 2023) kostet EUR 149,90;
Alle Preise beim Versandhandel Weisshaus, www.weisshaus.at