Der Día de los Muertos als Mexikos umgekehrtes Allerheiligen-Fest (Freude statt Trauer, lachende Skelette statt morbider Grabkreuze) fasziniert viele Europäer. Bartender Daniel Schober unternahm es, das „Totenfest“ auch nach Wien zu bringen. Und im Kleinod Cocktailsalon tanzten die makaber geschminkten Calaveras, die fröhlichen Leichen, tatsächlich zum mexikanischen Hip-Hop. Kenner hatten einen weiteren Grund, die gespenster-weiß geschminkten Nasen ins Tequila-Glas zu halten, denn auch der rare „Gran Burdeos“ von Patrón wurde entkorkt.
Was wie ein trockener Rum mit leichter Pfeffrigkeit auf den Gaumen kam, strafte etwaig noch vorhandene Tequila-Klischées von Kopfweh bis Slammer schnell Lügen. Freilich gibt es eine solche 400 Euro-Flasche auch nur am Feiertag der Toten zu kosten! Doch auch die anderen Qualitäten, die zwischen den literarischen Mexiko-Elegien Malcolm Lowrys und Johann Wolfgang Goethes „Totentanz“ im 15. Bezirk gereicht wurden, ließen Fernweh nach Jalisco aufkommen. Denn dort entstehen die Agavenbrände von Patrón und man setzt viel daran, die Agave auch im Destillat durchkommen zu lassen.
So ist bereits die Einstiegsqualität, der „Silver“ als Blanco-Tequila, nicht wie üblich kurz im Holzfass gereift. Dem ersten Duft nach Salzgebäck und Paprikachips folgt eine süßere Agavenhonig-Note. Man versteht allerdings, warum Paprika, Tomatensaft oder Chili so gut zu Tequila passen – es ist seine DNA. Herbe Zitrusfrucht-Nuancen der Marke Limetten-Zeste runden die olfaktorische Seite ab. Der Antrunk fällt dann schon weitaus süßer aus, hier denk man an Weiße Schokolade, wie sie gute Blancos gerne mitbringen. Die Würze tritt da in den Hintergrund, sie begleitet das Finish – da frischt dann auch das zarte Rauch-Tönchen des klaren Patrón auf.
Bei den Cocktails am Wiener „Tag der Toten“ versteht man, warum Paprika, Tomaten und Chili zu Tequila passen – es ist seine DNA!
Die eher kurze Lagerzeit pflegt die Marke auch beim Reposado; er darf gerade einmal neun Monate im Eichenfass „ausruhen“, ehe er auf die Flasche kommt. Das Ergebnis sind ein süßer Duft nach Birnensaft („YO“, wenn’s noch wer aus der Kindheit kennt), in den sich auch etwas Vanille und Piment mischt. Das runde Mundgefühl bringt im direkten Vergleich deutlich mehr Holznoten mit, die Vanille wird praktisch untergehakt von einem Schwarzen Pfeffer, der bis ins Finish präsent bleibt und der fruchtigen Art des Tequila Paroli bietet.
Patróns Añejo wiederum treibt diesen Einfluss des Holzes weiter, ohne die Agave komplett zu überdecken (im Grunde die wichtigste „Kunst“ bei der Fassreifung von Tequila). 15 Monate im Holz liegen knapp über dem vorgeschriebenen Minimum an Reife (12 Monate), die leichte Rauchnote des Brands legt sich immer noch über Birne und Gelben Apfel im Duft. Markanter sind hier die Gewürze, namentlich Gewürznelke und Piment, die in der Nase durchkommen.
Der sanft abgerundete Tequila bekam vom Fass Milde verliehen, der Schmelz des Frucht-Potpourris legt sich film-artig wie Malaga-Eis auf die Zunge. Die feine Würze tritt hier in den Hintergrund, man merkt wie ausbalanciert der Añejo im Vergleich zum gar nicht soooo viel jüngeren Reposado ist. Und dennoch wirkt hier nichts überholzt. Um es mit einem Día de los Muertos-würdigen Bild zu sagen: Die fröhliche Skeletthand der Aromen ist immer stark genug, den hölzernen Sargdeckel wegzuboxen. Drama, Baby!
Bezugsquelle:
Tequila Patrón, „Silver“ ist um EUR 35,90 (0,7 Liter-Flasche) erhältlich, der „Reposado“ um EUR 36,90 und der „Añejo“ kostet EUR 42,90, alle bei Urban Drinks, www.urban-drinks.at