Das Apotheker-artige Flascherl, aus dem der Gast aus Kentucky einschenkt, kennen Aufmerksame aus der Western-Serie „Deadwood“. Tom Bulleit, der als Namensträger weiter „the world’s best-selling Rye Whiskey“ bewirbt, auch wenn die Company längst dem Giganten Diageo gehört, paßt gut in diese Tradition. Knorrig und mit einer an Kris Kristofferson erinnernden Stimme scherzt er, als wäre der Schmäh ein Kind aus Lawrenceburg und keine Erfindung aus Österreich. Ein bisschen muss er dafür auch Spaß vertragen, wenn wir angesichts des „Frontier Whiskey“-Schriftzugs auf der Flasche erklären, dass Europäer eher an die Schengen-Grenze als an den Geist der Westmänner denken. Aber der 72-jährige hält das locker aus und erzählt weiter, wie man das Rezept seines Ur-Ur-Großvaters Augustus, der – so will es der Firmenmythos – eines Tages in New Orleans verschwand, wiederbelebt hat.
Ein Drittel Roggen, zwei Drittel Mais, so schrieb es dieses Rezept vor. Für den klassischen „Bulleit“ ergibt das einen von starken Holznoten geprägten Duft nach Vanille und Nougat, dem auch etwas zart Blättriges (wie Nuss-Laub) anhaftet. Am Gaumen wirkt er relativ süß, allerdings wieder vom Nougat ausgehend, denn die Fruchtnote, eindeutig Cranberry, sorgt eher für herbe Akzente. Am Ende obsiegt dann aber das Karamell der Fässer. „Je mehr Mais, desto süßer“, hatte Tom Bulleit gemeint und damit nicht den eigenen Stoff gemeint. Der schlägt in der Blindverksotung zwar den Mitbewerb, doch die Süße, ja, die muss man mögen.
Organoleptic is no sex-thing, guys!
TOM BULLEIT
Unter Bartendern (und wie man vorwegnehmen darf: auch für mich) hingegen genießt der „Rye“ aus dem Haus Bulleit den Respekt. Mit 95% Roggenanteil gegenüber den gesetzlich für Rye vorgeschriebenen 51% geht man ans Limit. „100 percent would be too much“, zeigt sich Tom Bulleit überzeugt, dass nicht mehr geht, auch wenn es technisch machbar wäre.
Dementsprechend dunkler steigen auch die Gerüche in die Nase; Brotrinde, Wermutkraut und Vanillemark, dazu als süßlicher Akkord lediglich Blockmalz-Zuckerl lassen die Frage entstehen, wie das im Mund zusammenfindet. Tatsächlich ist der Rye geschmacklich aus einem Guss, eine medizinale Note eröffnet (passt ja zur Flasche!), Haselnuss und Milchkaffee bilden das Mittelstück, während sich im Finish dann eine schärfere Gangart bemerkbar macht, die den Whiskey lange trägt. Pur ist der Rye sicher nicht Everybody’s Darling, als Ingredienz für Juleps oder einen „Oldfashioned“ wirkt er gerade prädestiniert. Wenn schon kein Saloon in der Nähe ist…
Bezugsquelle:
Bulleit Bourbon ist um EUR 22,70, der Bulleit Rye um EUR 26,65 bei Del Fabro erhältlich, www.delfabro.at