Es sind Geschichten nach unserem Geschmack. Weil wir Geschichten an sich lieben. Und von ihnen sogar leben. Speziell wenn sie mit Getränken und Wirten zu tun haben, die nicht jammern. Sondern an Qualität festhalten und dafür begeistern. Machen wir ja eigentlich online auch so. Der Wirt halt bei ihm. Stationäre Behandlung. Aus der man im Idealfall satter, gesünder und vielleicht sogar gescheiter entlassen wird in den weitaus weniger genussvollen Alltag. In der Wein-Stadt Leibnitz ordinieren diesfalls Marianne und Gerald Liebminger vom Café Rosegger.
Sie öffnen die Dosen mit den feinen Jahrgangssardinen. Denn selbst so Banales wie Dosenfutter kennt Distinktion. Abstufungen der Qualität und des Genusses, bei denen das Bessere wieder einmal der Feind des Guten ist. Wenn man sich denn darauf einläßt. Das tat Hannes Harkamp. Und weil er Winzer ist, wurde noch beim Auftunken des Olivenöls die Idee geboren, einen „Fischwein“ zu kreieren. Der hat ein sonnig-spaßiges Etikett, das so auch auf einer portugiesischen Fliese zu finden sein könnte. Und es gibt ihn nur in Magnum-Flaschen. Nicht, weil es so ein prestigeträchtiger Tropfen ist, der lange reifen müßte. Sondern, weil er dem wertigen Dahinplätschern gewidmet ist. Und man daher auch mehr davon braucht.
Haben wir den Namen schon erwähnt? Nein? Ist aber eh logisch: „Sardines“ haben ihn Petra und Hannes Harkamp getauft, die die Flasche bei ihrem kleinen Gästeumtrunk zu Ritschert (Nicht-Steirer finden hier die Auflösung) und frisch gebackenem Hausbrot öffneten. Die Fische materialisierten sich vorm geistigen Auge fast von selbst, als die Cuvée aus 85% Weißburgunder und 15% Grauburgunder ins Glas kommt. Der Wein stammt aus dem Sausal, genauer gesagt: den biodynamisch bewirtschafteten Weingärten am Flamberg, und hat nur wenig Schwefel gesehen. Die 12% Alkohol des 2018er Jahrgangs unterstreichen Harkamps Anspruch auf Trinkfreudigkeit.
Der Sardinen-Wein beginnt mit einem satten Nektarinen-Duft, der aber schnell in Richtung Zitrusfrüchte dreht. Genauer gesagt, teilen sich die süßeren Gerüche von der säurigen Fruchtigkeit. Im Ergebnis wird daraus Zitronenzeste und etwas Honig, mit mehr Luft kommt auch eine salzige Brise in die Duftwolke – sie erinnert an Kapern. Im Mund spielt sich diese Metamorphose umgekehrt ab: Hier machen die säurigen Noten – wieder viiiel Zitruszesten – den Auftakt. Begleitet wird diese Frische von etwas Melisse und Koriandersaat, ehe Orangen-Fruchtfleisch und Birne für den fruchtigen Kern sorgen. Nach hinten hinaus macht die Burgunder-Cuvée die Räume aber eng. Das Salz, es war keine Einbildung. Der Ausklang ist von mineralischen Noten, ohnehin so etwas wie die Signatur des Sausals, geprägt.
Unseren Eindruck, dass es ein eher würziger, denn fruchtiger Wein werden sollte, bestätigt der Winzer auch: „Ich mag es nicht, wenn Gewürze wie Chili den Eigengeschmack des Fisches überlagern“. Anders ausgedrückt, würzt hier der Wein die Sardinen. Wobei: Jeder fettere Fisch, speziell wenn er auf der Haut und mit etwas Kräutern gebraten wurde, ergänzt den „Sardines“. Oder war es umgekehrt? Egal! Die Mission aus dem Café Rosegger wurde jedenfalls erfüllt. Darf ich noch ein Glas haben…?
Bezugsquelle:
Weingut und Sektmanufaktur Harkamp, „Sardines“ 2018 ist um EUR 32 (Magnum-Flasche) ab Hof bzw. im Webshop erhältlich, www.harkamp.at