Der Tag war eigentlich für ein ganz anderes Getränk gedacht. Die erste Tee-Produktion im oberösterreichischen Großraming lud zum genussvollen Kennenlernen des Aufgussgetränks (wie Kreuzwort-Rätsler gerne sagen). Klemens Gold vom Rau hatte seine eigene Produktion namens Kombuchont (hier nachzulesen) auf taiwanesischen Oolongs aus zwei Anbaugebieten aufgebaut. Nun legt der Spitzenkoch mit einem eigenen Teegarten – im Ausmaß von rund einem Hektar – nach. Das wurde mit Bambusflöten und Blasmusik des MV Pechgraben gefeiert, aber auch mit Tee-Verkostungen von Cold Brew (Florian Renner) bis chinesischem Dreifach-Aufguss (Charles Du).
Dazwischen aber entging dem wachen Auge eine Flasche aber nicht. „Anning 2013“ von Fred Loimer erzählt erstens von einem der ersten Regionsübergreifenden Weinprojekte des Landes. Und ist zweitens ein reiferer Pinot Noir, bei dem man wissen will, wie sich die Abfüllung aus dem heißen Jahrgang nach einem Dutzend Jahre so tut. Loimer stammt bekanntlich aus dem Kamptal und übernahm in der keineswegs ums Eck gelegenen Thermenregion die Rieden von Gottfried Schellmann. Hier entstehen u. a. Grundweine seiner fulminanten Winzersekte (die haben wir hier beschrieben), aber auch die lokalen Heroen wie den Zierfandler hat er am Start.
„Anning“ aber stellt die große Domäne an der Südbahn in die Auslage, die Burgunder-Sorten. Der Wandel in der Kellerarbeit begann just in den Jahren um 2013, als man sich für einen höheren Anteil an ganzen Trauben entschied. 50% waren es damals; heute sind es bereits 100% einer Pinot-Lese. In der Tat merkt man an einem kleinen olfaktorischen Detail diese Arbeitsweise. Neben dem Duft nach entsteinten, getrockneten Kirschen, Wildrosen und Ziegelstaub ist nämlich auch deutlich die Traubenkern-Note zu riechen, wie man sie z. B. aus dem Öl der Weinbeer-Kerne kennt.
Das kirschrote Glas zeit auch die dunkle Power des unfiltrierten Burgunders, der sich gleich mundfüllend bemerkbar macht. Auffällig ist das immer noch merkliche Tannin. Der „Grip“ des Gerbstoffs ist allerdings nur mehr ein taktiler Reiz am Gaumen, kein Geschmacksbestandteil. Er trägt aber dazu bei, dass die kühle Kirschnote bisweilen in dunkelfruchtige Gefilde abschweift. Bei ihnen denkt man an Brombeere und mehr noch an Heidelbeere, denn immer wieder meldet sich die Kühle des Pinots – erstaunlich für den Jahrgang – zu Wort.
Dass es kein isolierter Eindruck ist, sondern man offenbar einen guten Lesezeitpunkt in Gumpoldskirchen erwischt hatte, zeigt die pikante Art – vor allem im Schlussteil. Ein Hauch von Tomatenblatt ist dann nämlich in Loimers Pinot zu schmecken. Das passt gut und verleiht neben dem Gerbstoff dem „Anning“ auch eine gewisse Tiefe. Die eigentliche Diskussion beginnt bei diesem 2013er aber erst. Von „fünf Jahre muss man ihm nicht mehr geben“ bis zu „in zwei Jahren macht er noch mehr Spaß“ reichen die Überlegungen. Und allein diese Diskussion macht es jedes Mal wieder spannend, zu Flaschen der Marke „Ten years after“ zu greifen.
Bezugsquelle:
Weingut Loimer, Pinot Noir „Anning“ 2013 ist in Restflaschen zu einem Preis von EUR 56,- noch ab Hof bzw. im Webshop erhältlich, www.loimer.at/shop