Tequila ist halt bodenständig im wahrsten Sinne des Wortes. Während Wodka, Whisky oder Gin von der Steiermark bis Tasmanien gebrannt werden können, gibt es nur einen mexikanischen Bundesstaat, der den „echten“ Tequila – geschützt durch Herkunftsbezeichnung (Denominación de Origen) destillieren darf: Jalisco. „100% Agave“ am Etikett weist dabei darauf hin, dass der gesamte Alkohol aus der Destillation der Agave tequilana, besser bekannt als Blaue Weber-Agave, stammt. Wie kommt es aber dann zu österreichischen Tequila? Hat da der unglückliche Kaiser Maximilian ein paar k.u.k. Bauern vergessen bei seinem Trip auf den Thron von Mexiko?
Mitnichten, denn hinter Padre Azul, der einzigen heimischen Tequila-Marke steht eine Liebesgeschichte. Der Schwiegervater von Hans-Peter Eder ist Mexikaner und brachte den Österreicher so auf den Geschmack, dass er die Produktion von weißem und zwei gelagerten Tequilas in Jalisco aufnahm. Die Flaschen mit dem markanten Totenkopf stehen seither in vielen Bars, auch der Export zieht kräftig an.
Nun folgte der zweite Streich, denn die eigentliche Mutter aller Tequilas ist der Mezcal. Hier dürfen es auch andere Regionen sein, vor allem aber auch andere Agavenarten (z. B. auch Tobalá oder Espadín). Dank seiner Herstellungsweise, die meist handwerklicher ausfällt – man denke an per Esel betriebenen Mühlen für die Agaven-Herzen (piña) und uralte Röst-Öfen – trifft der zwischen fruchtsüß und extrem rauchig angesiedelte „Hipster-Schnaps“ aktuell den Zeitgeist. Zumal die Agave nicht beliebig vermehrbar ist, als „hexapanthe“ Pflanze blüht sie genau einmal, das allerdings dauert acht bis zehn Jahre.
Einen Mix aus der wildwachsenden Tepextate und der Espadín-Agave stellt das neue Kind der „Austro-Mexikaner“ dar. Statt dem Freundschaftssymbol des Totenkopfs (man bleibt sich über den Tod hinaus verbunden, meint der Mexikaner damit) ziert nun ein handgemachter Jaguar-Kopf den Flaschen-Stopfen. Denn ein Mezcal-Vorläufer wurde schon unter den Mayas verwendet, ihre Schamanen (xiaman) konnten sich dann angeblich in einen Jaguar verwandeln. Nicht den, der schnell fahren kann, sondern ein Tier, das auch Zugang zur Sphäre der Götter hatte.
Schöne Geschichte, sehr schöne Flasche, doch wie schmeckt der erste Mezcal unter österreichischer Flagge? Ein deutlicher, aber dezenter Rauch-Ton von Beginn weg, weist auf den Mezcal hin. Es dauert ein wenig, bis die zarte Lack-Note (Firniss) aus dem Glas geschüttelt ist, dann aber erinnert er mit seinem frischen Duft an Spearmint, die alte Kaugummi-Minze. Eigentlich gehört die Bühne aber jetzt einer mostigen Frucht, bei der man lange schnüffeln kann, ob das Apfel oder Birne ist im Duft. Sanft im Antrunk – trotz der 44% Alkohol – bleiben die weichen Fruchtnoten, gemischt mit dem Honig-Tönchen der Agaven, auch im Mund dominierend.
Doch da kommt noch mehr. Aus dem Apfel-Agaven-Mix schält sich immer deutlicher ein würziger Zug, später sogar klare Schärfe geraus. Ja, das sind nicht nur weiße Pfeffer-Körner, die man zu schmecken glaubt, sondern auch eine satte Dosis Chipotle-Chili. Der Rauch ist zurück und mit ihm eine abschließende Pikanz, die eines klar macht: Im Cocktail funktioniert der „Xiaman“ prächtig. Vor allem, wenn man an die typischen Partner aus der Abteilung „Savoury“ denkt, also Tomatensaft, Grapefruit oder gar der Austernsaft des Clamato-Juice. Wir werden dazu den alten Erdbeer-Fenchel-Sirup aus Toronto auspacken. Denn auch der ist fruchtig, dezent süß und herrlich würzig – wie der Mezcal mit österreichischer Beteiligung, also known as: „Gestaltwandler“.
Bezugsquelle:
Xiaman Spirits, Mezcal ist um EUR 129 (0,7 Liter-Flasche) über den Webshop erhältlich, www.xiaman.mx