Es war ein Fest des Heurigen als genuin österreichischer Gastronomie-Form, zu dem nach Wien-Neustift geladen wurde. Der Wolff, selbst für das „Lebenswerk“ ausgezeichnet, gab den Rahmen für die Auszeichnung der besten Heurigen des Landes durch die FALSTAFF-Redaktion ab. Zu klassischen Wienerliedern und Eigenkompositionen von Zuckergoscherl stand natürlich der Wein im Mittelpunkt. Den Preis für das beste Sortiment beim Heurigen ging dabei nach Höflein. Sonja und Christoph Artner hatten aus Carnuntum eine Auswahl von Weinen mitgebracht. Und als braver Trinkprotokollant kosteten wir uns durch die sieben Abfüllungen, beginnend mit dem leichtfüßigen „Spazierer“.
Eine Klasse für sich waren dabei die Lagenweine in Rot. Der „Ried Kirchweingarten“ brachte die zweite Sorte des Gebiets neben dem dominanten Zweigelt ins Spiel. Der Südhang unter der Höfleiner Kirche versorgt dank Löss die Trauben mit Wasser – in den letzten Jahren durchaus ein Problem. Ein hoher Kalkgehalt kommt der Rebsorte auch zu Gute, wie man nicht zuletzt vom Leithaberg weiß. In der Nase ergibt das beim 2020er „Ried Kirchweingarten“ einen Duft, der mehr als Waldbeeren als Amarena-Kirsche erinnert. Die Zugänglichkeit deutet dieser Mix aus Brombeere und Schokolade jedenfalls bereits in der Nase an. Am Gaumen löst er sie in einer geradezu als „old school“ zu bezeichnenden Samtigkeit ein.
Erst allmählich geht diese Textur in einen konkreten Geschmack über. Hier steht über der sortentypischen Weichsel erneut eine Beere. Wir schmeckten Cranberry, denn auch der Gerbstoff spielt hier dezent und gerade noch merklich mit. Er erinnert an Tee und Plantagen-Schokolade im Finale. Und wird in zwei, drei Jahren noch feiner abgeschliffen sein. Für Steak-Freunde darf der „Ried Kirchweingarten“ 2020 aber schon heuer neben dem Grill in der Kühlung stehen!
Doch natürlich kann man den Carnuntumer Wein-Sieger nicht verlassen, ohne einen Zweigelt verkostet zu haben. Er ist auch relativ untypisch, so Christoph Artner, denn die Riede liegt der Donau am nächsten und wurde über die Jahrhunderte zur Abraumhalde, in der sich der Schotter eifrig sammelte. Dazu kommt eine deutliche Abkühlungen während der Nacht. Man kennt diese Kombination aus Wärmespeicher bei Tag und kühlen Nächten von einigen Regionen (Graves/FR, Grave/IT), die den Schotter im Namen tragen – und auch der „Steinäcker“ verdankt sich diesen Gegebenheiten. Der Wein von hier, es ist der 2020er Zweigelt, wirkt im Duft auch zugänglicher als der Blaufränkisch davor. Das ist die erste Überraschung, die der Rubin-rote „Ried Steinäcker“ parat hält. Auch die Frucht, die sich der Nase bietet, ist säuriger und klarer als Weichsel zu erkennen. Ein wenig Leder und Carob alias Bockshörndl schwingt auch noch mit, aber der klare Kirschduft samt jugendlicher Frische dominiert.
Das nimmt auch den Kostschluck vorweg, der aus dieser Kombination aus kühler Frucht und etwas Holzeinsatz (als Schokolade schmeckbar) eine Art flüssige „Schwarzwälder Kirschtorte“ formt. Der schmelzige Nougat wird aber nie zu dominant. Denn da ist die herbe Fruchtigkeit der Weichsel vor. Was man nicht findet beim „Steinäcker“ ist eingekochte Zwetschke, aber auch die jugendliche Pflaume eines jungen Rotburgers wird man nicht schmecken. Ein röstiger Abschlussgruß sorgt dafür, dass man gleich einen weiteren Schluck nimmt. Das Yin und Yang aus kühler Frucht und leichtem Schokoguss kann man nämlich lange genießen.
Einer der beliebtesten Rotweine der Artners (am Bild links), dem man immer wieder in der Gastronomie begegnen kann, ist die Cuvée „Amarok“. Sie verbindet nicht nur unterschiedliche Rebsorten (sonst wär’s ja keine Cuvée!) wie Zweigelt, Blaufränkisch, Merlot und Syrah. Dieses Ausgangsmaterial stammt aus Carnuntumer Top-Lagen, wobei zum schon erwähnten Steinäcker noch die Rieden Bühl und Aubühl kommen. Mit einem „Mix“ aus Schotter-Böden, Lehm und Löss ist auch hier für Balance gesorgt. Das Ergebnis – in diesem Fall der „Amarok“ 2021 – duftet einladend nach säurig-frischer Kirsche. Mit mehr Zeit zeigen sich im Glas auch Brombeer-Duft, Anflüge von hell geröstetem Kaffee und Brombeeren.
Samtig und rund zeigt die Cuvée am Gaumen sofort Ausgeglichenheit; keine Sorte drängt sich vor, wobei der Merlot zusammen mit dem Zweigelt für eine ausgeprägt dunkle Frucht sorgt. Waldbeeren sind zu schmecken, wobei man als erstes an Preiselbeere und Heidelbeere denkt. Denn auch das Tanningerüst erinnert mit dezent herben Noten an die Schale dieser etwas bitteren Waldfrüchte. Hier stützen Tannin und eine leichte Minze-Note aber mit ihren erfrischenden Noten den Gaumen – die satte Frucht des „Amarok“ nimmt das mit Freuden zur Kenntnis. Und der Gast beim Heurigen auch. Egal, ob beim Wolff oder vor Ort in Höflein!
Bezugsquelle:
Zweigelt „Ried Steinäcker“ 2020 wird ebenso wie der Blaufränkisch „Ried Kirchweingarten“ 2020 um jeweils EUR 31,50/Flasche angeboten, die Cuvée „Amarok“ 2021 kostet EUR 25,50 – alle Weine an Hof bzw. im Webshop der Artners, www.artner.co.at