Für den Hausgebrauch mögen 3.900 Liter – wovon auch immer – eine Menge sein. In der schottischen Destillerie-Welt geht dieses Fassungsvermögen als Mini-Menge durch. „Our curious small stills“ nennt etwa Nicola Riske diese Brennblasen, die bei Macallan in Craigellachie stehen. Die Kanadierin mit schottischen Wurzeln ist die Marken-Botschafterin der 1824 gegründeten Highland-Destillerie (und wurde so eben in New Orleans als Beste ihrer Profession nominiert).
Was die Größe der Brennblase bewirkt, ließ sich am wasserklaren, ungelagerten Whisky (dem „new make“) überprüfen: Mit seinen süßen, Orangenschale und Limette evozierenden Noten erinnert er an die estrigen Noten eines Rhum agricole. Die Frucht und Öligkeit, wie es Riske definiert, zieht sich denn auch durch das Portfolio. Auch wenn bis zu 80% des Geschmacks später aus der Fasslagerung stammen. Und auch darum geht es Riske, die eine Serie von 12-jährigen Whiskys präsentiert, die als „Trilogy“ besonders den Einfluss des Fasses aufzeigen sollen. Denn immerhin ist die (zumeist aus Spanien stammende Europäische Eiche (quercus robur) bis zu fünf Mal so reich an Gerbstoff als die US-Verwandten (quercus alba). Da sie auch poröser ist, erfolgt auch ein höherer Farbeintrag.
Der Fasseinfluss ist nicht nur eine Namensbestandteil beim „Sherry Oak“, er gibt dem Einsteiger in die Welt der Speyside-Destille auch einen an Spanien erinnerndes Potpourri an Düften mit: Walnüsse, Orangenschale und Datteln erinnern an Oloroso-Sherry. Die Europäische Eiche steht bei der Auswahl der Fässer im Vordergund, die Würze erinnere sie an Shiraz, so Riske, doch zunächst beginnt dieser Single Malt sehr mild am Gaumen; die Mischung aus Milchschoko und Haferkeksen, auf die sich auch Orangenzesten legen, erinnert an „Jaffa-Cake“. Riske definiert die Würze als „baking spices“ – und mit der deutlichen Piment-Note dreht das Ganze im Finale in Richtung Lebkuchen. Diese Facette wird uns als Teil des Hausstils noch begegnen.
Speyside Malt für Bourbon-Trinker: „Double Cask“
Der frühere „Gold“ genannte Macallan heißt nunmehr nun „Double Cask“. Er stellt nach wie vor aber ein Muster des Haus-Stils dar, der neben viel Süße auch immer eine Gewürznote mitbringt. Die Mischung aus amerikanischer und europäischer Eiche bringt dies zu Wege, der Aromen-Eintrag der grobporigen spanischen Sherry-Fässer sorgt für Würze, der Schmelz wird aus den amerikanischen Barrels extrahiert. Sie dominieren den Whisky, den „vor allem Bourbon-Lover mögen“. Das läßt sich nachvollziehen. Denn mit dem „Double Cask“ steht ein schon im Geruch ausgeprägt schokoladiger Malt zur Verfügung (man denkt instinktiv an „Fanfare“). Etwas Frühstücksspeck und auch Herzkirschen stehen diesem Duft zur Seite, in den sich auch Gelber Apfel mengt.
Die Fruchtigkeit am Gaumen bringt ebenfalls Apfel, aber auch Marille und wieder Schokolade mit. Schließt man die Aromen mit etwas Wasser auf, nimmt der Toffee-Charakter zu. Erdnusss-Splitter und im sanften Finish dann auch etwas Ingwer (eingelegter wie beim Japaner) sorgen für Würze in diesem milchschokoladig-fruchtigen Mix.
Der „Triple Cask“, der als nächstes ins Glas kommt, löst den bisher „Fine Oak“ genannten Whisky ab. Er bringt neben den US-Weißeichen-Fässern zwei Arten von Sherry Casks zusammen – solche aus Amerikanischer und andere aus Europäischer Eiche. Aromatisch ist er ein Verführer, der neben Mandelmilch, Kleeblüte und Dörrmarillen auch den Geruch von Haselnuss-Schnitten aus dem Nosing Glas steigen lässt.
Zartes Jod im Antrunk weicht schnell einer unverkennbaren Milchschoko-Note, die mit Gewürznelke und weißem Pfeffer (vor allem gegen Ende) unterlegt ist. Insgesamt wirkt diese würzige, aber immer süße und leicht „mandelige“ Variante von Macallan wie ein flüssiger „Spekulatius“-Keks.
Sein eigener Snack ist dabei: „Rare Cask“
Komplexer als die immer leicht süßen „drams“ davor erweist sich im Park Hyatt der „Rare Cask“. Der Name bezieht sich auf alte Fässer, die aus geschlossenen Küfereien stammen. Die Duftnoten nach Kastanien-Honig, Pekannuss und „Aranzini“ entwickelt sich mit einem Tropfen Wasser in Richtung Dörrobst, vor allem Kletzenbirne. Die Trockenfrüchte prägen dann auch den Kostschluck, der ein überaus leichtes Mundgefühl mitbringt. Weiße Schokolade entwickelt sich aus diesem sanften Erst-Eindruck und kleidet den Gaumen aus. Am spannendsten rwesit sich das Finish dieses Whiskys: Die Erdnuss-Note erinnert gemeinsam mit der vorhandenen Salzigkeit an „Erdnuss-Locken“. Der „Rare Cask“ bringt den Snack dazu praktisch gleich selbst mit.
Fast ein Ritual entwickelt Nicola Riske dann rund um das Einschenken des exklusiven „Reflexion“. Die Box, aus der sie die Flasche schält, deren massiver Verschluss an Bentley-Radkappen und Breitling-Uhrenkronen denken lässt, akzenturiert die 1000-Euro-Flasche. Doch wie sieht es beim Inhalt aus? Der Nuss-Mix, den wir schon kennen, fällt hier besonders deutlich aus, vor allem kommen aber frische Pink Grapefruit und Cavaillon-Melone (wir sprechen immer noch von Single Malt, nicht Grauburgunder!) dazu. Aber auch ein dezenter Rauch begleitet das Schmuckstück.
Die hohe Eleganz dieses Whiskys erschließt sich dann am Gaumen; er ist extrem feingliedrig und dekliniert praktisch alle Bestandteile eines Lebkuchens durch. Da sind Orangen, Michschokolade, Piment, etwas Zimt, aber auch zarter Pfeffer. Der Anklang ans Süßwaren-Regal ist da, aber nicht klar zu fassen. Die Malzigkeit etwa erinnert an „Maltesers“, der schokoladige Zug lässt ein Brownie vorm geistigen Auge erstehen und die Hirschhorn-Salz-Note eben an Lebkuchen.
Das ist noch nicht alles. „This Finish does not Finish“, streicht die kanadische Gastgeberin den Abgang heraus. Und da hat Nicola Riske recht. Leider aber endet damit die Macallan-Feierstunde.
Bezugsquellen:
Macallan, „Sherry Oak“ ist wie der „Double Cask“ und der „Triple Cask“ um EUR 69,90 zu haben. Der „Rare Cask“ ist um EUR 239 erhältlich, der rare „Reflexion“ wiederum kostet 999 Euro, alle im Weisshaus-Shop, www.weisshaus.at