Es gehört zu den schönen Seiten, als Trinkprotokollant manche Weine auch „begleiten“ zu dürfen. Wie im Leben trifft man sich auch im Glas öfter. So war es eine große Freude, nach der „sneak preview“, die Frank Schindler im Oktober 2023 gewährt, zu sehen, was aus seiner Idee einer neuen Esterházy-Sektlinie wurde. Denn damals war der reinsortige Blaufränkisch-Schaumwein gegenüber den anderen Proben des Sekt-Komitees noch etwas ungestüm. Der Zeitpunkt der Trennung des Weins vom Hefedepot, fachlich: Degorgieren, ist ein entscheidendes Datum. Zu nahe an diesem massiven Eingriff vor der Füllung „arbeitet“ der Schaumwein noch. Ein wenig Flaschenreife beruhigt die aufgewühlten Aromen wieder.
Deswegen ist es nicht nur zu begrüßen, dass man bei Esterházy das Datum des dégorgement gut sichtbar am Etikett anbringt. Kenner lieben diese Information, sie steht aber auch für Transparenz. Die lässt das Duo hinter der mittlerweile auf drei Sekte angewachsenen Serie in edlen Flaschen auch so walten. Weingutsleiter Schindler und Önologe Rob Krammer greifen auf Trauben aus der Monopollage Ried Herrschaftsbreite in Grosshöflein zurück. „Wir wollen ein Original schaffen“, gab Frank Schindler schon am Tag des Sekts 2023 als Devise vor. Die stark kalkhaltige Lage am Fuße des Fölligbergs trägt Trauben von groß- und dünnbeerigen Klonen. Man will trotz der untrennbar mit dem Burgenland verbundenen, roten Rebsorte als Basis eben möglichst wenig Tannin und Farbe. Dafür Saft und Säure des Blaufränkisch. Weitere Sorten oder Lagen würden bei diesem ehrgeizigen Projekt nur „die die Stilistik verwässern“.
Wird der gute, alte Blaufränker für die burgenländischen Sekte nun so etwas wie der Pinot Noir in Frankreich oder der Prosecco-Region (bei deren neuem Rosé-Sprudel)? Die naheliegende Antwort besteht darin, den Rosé aus den Blaufränkisch-Trauben zu verkosten. Den gibt es natürlich auch in der Serie mit dem eleganten „E“ am Etikett. Und er stammt aus dem Jahrgang 2020. Als „Reserve“ gemäß der Austro-Sekt-Pyramide blieb der blubbernde Wein 24 Monate auf der Hefe. Mit sechs Gramm Fülldosage bewegt man sich sehr in Richtung Trockenheit des Sekt-Neulings.
In der Nase geben Blutorange, rotbäckiger Apfel und etwas Baby-Ananas mit säurigen Akkorden die Richtung vor. Hier geht es um Frische! Die cremige und präsente Perlage bringt ebenfalls nichts Süßes auf den Gaumen. Geeiste Sauerkirsche und Preiselbeere – nicht als Kompott, sondern mit feinem Gerbstoff – sorgen für leichte Fruchtigkeit in Rot. Attraktiv ist auch der mineralisch-kühle Akzent im Abgang, der dem Rosé Brut 2020 ein schönes Trinkanimo verleiht. Zum Rückaroma taucht erneut die Blutorange auf. Hier fällt nichts lieb und kitschig aus, dank der Entscheidung für eine Dosage (wenn auch niedrige) kommt aber auch keine spitze Säure auf. Wer Rosé-Sekt mit himbeeriger Fadesse verbindet, wird positiv überrascht von diesem Neuzugang aus dem Esterházy’schen Reifekeller.
Doch dieses war nur der erste Streich. Wenn es die Möglichkeit gibt, neben dem Rosé die gesamte Trilogie nebeneinander zu verkosten, sollten Sie diese nützen. Denn erst diese drei Gläser zeigen auf, wie unterschiedlich man die jeweils auf 100% Blaufränkisch basierenden Sekte angelegt hat. Da ist viel Können im Keller im Spiel, aber auch bei der Selektion der Trauben, die der Versektung vorangeht!
Eine Lage, eine Sorte, drei Weine
Wenig überraschend besitzt der „Non Vintage“ (NV), der jüngst degorgiert wurde, das größte Potential zum Blockbuster. Was bei einem Chardonnay aber ins Süße entglitten wäre, bringt hier aber eine Fruchtigkeit, allerdings immer noch einen gefühlt trockenen Eindruck am Gaumen. Richtig verführerisch ist der Duft, der an Tropenfruchtcreme mit Vanille aus dem Kühlregal oder – im Detail aufgeschlüsselter – an Mango, Papaya und etwa Pfirsich erinnert.
Auch am Gaumen kommt die zarte Steinobst-Note durch, sie wird erneut von flirrender Vanille begleitet. Ein bisschen wirkt dieser Sekt wie flüssiger „Pfirsich Melba“, was angesichts der Rebsorte ein wenig erstaunt. Weniger überraschend ist die rezente Säure, die der Blaufränkisch -Sekt mitbringt. Feiner Zimtabrieb mengt sich in die cremige Frucht-Bläschen-Melange. Der Grenzgang zwischen geringer Dosage und schmeichelnd-zugänglicher Exotik ist hier bestens gelungen.
Die Oberliga, wenn man so will, stellt der 2019er „Blanc de Noirs“ dar, der mit diesem langen Hefelager in der Sekt-Nomenklatur als „Große Reserve“ durchgeht. Zudem hat man auf eine Dosage verzichtet und füllte den Schaumwein als „Brut Nature“ mit lediglich 0,7 Gramm Restzucker (also: nix!) ab. Nach drei Jahren auf der Hefe duftet er duftet nach Zitrusfrüchten, weißfleischiger Birne und jedenfalls sehr frisch, aber auch bereits nach ultratrockener Machart. Der Mix aus weißen Blüten, die sich hier in Richtung Jasmin näher definieren lassen, und einem von Beginn an merklichen, aber stützenden Gerbstoff, fordern den Genießer. Fortgeschrittene Sekttrinker werden derlei trockene Power und Trinkfluss lieben!
Zumal an Frucht allenfalls weiße Johannisbeeren und unreife Himbeeren trinkprotokolliert werden konnten. Der Rest ist pure Struktur, die man getrost in Richtung eines eher kalkigen Bodentyps verorten darf. Hier kommt die Grosshöfleiner Lage klar durch! Bis in den Nachhall sorgt zudem das feine Tannin, vielleicht mit einem Alzerl Salzigkeit verbrämt, für Trinkfreude. Und die Esterházy’sche Empfehlung, die „Große Reserve“ zu Meeresfrüchten zu servieren, hat definitiv etwas für sich.
Bezugsquellen:
Esterházy Wein, Sekt Brut „Non Vintage“ ist um EUR 19,- (0,75-Liter-Flasche) erhältlich, der Rosé „Reserve“ Brut 2020 um EUR 27,- und die Große Reserve „Blanc de Noir“ Brut Nature 2019 um EUR 38,- Alle im Webshop des Weinguts, www.esterhazywein.at