Krotnpracker, Linsenscheisser oder Teichkrowodn – die Bezeichnungen, die sich Dorfbewohner am Steinfeld gegenseitig an den Kopf werfen, sind nicht unbedingt schmeichelhaft. Da fliegt dann auch schnell mal ein Aschenbecher – und in der Faschingssitzung sind die Sottisen gegen den Nachbar-Ort sowie Fixpunkte und der kalkulierbarste Lacher. Was das jetzt mit Bier zu tun hat?
Gute Frage, doch auch die belgischen Städte pflegen derlei historische Bezeichnungen, tragen sie aber mit weitaus mehr Stolz (bzw. zeigen Ironie). Und so steht Xavier van Ravestyn mit einer Schellenkappe vor uns und schenkt das Stadtbier von Brügge ein. Brugse Zot heißt es und steht für „Brügger Narr“, eine historische Anspielung auf den Ausspruch Kaiser Maximilian I. „Schließt die Tore von Brügge und ihr habt ein Irrenhaus”. Das Bier verdankt also seinem Namen einem Österreicher. Für den Geschmack kann der Habsburger aber nichts, den besorgt die Brauerei De Halve Maan (dt.: der halbe Mond).
Immerhin die 6. Generation lässt bei der letzten Brau-Stätte Brügges die Narren tanzen. Das „Blonde“ wird auch mit beiden Hefearten – unter- und obergärige – hergestellt. Im Duft finden sich mit Guave, Holunder- und Kirschblüten sowie Honig-Aromen ungewöhnliche Noten. Auch am Gaumen ist dieses Bier ungewöhnlich, denn mild und komplex zugleich rinnt es über die Zunge: Wieder sind da die Tropenfrüchte und der Honig. Ab der Mitte nimmt die Geschmacksfülle zu, hier stimmt einmal das Bild vom Bier als „flüssigen Brot“. Wie ein Lebensmittel ist das Blonde fast zum Beißen, mit schöner Cornflakes-Note klingt das Zot getreidig-trocken aus.
Die zweite Biermarke des Hauses am Walplein 26, übersetzt: „Starker Hendrik“, wurde als Hommage an die ersten Brauer-Generationen, von denen vier diesen Vornamen trugen, aufgelegt. Mit 9% darf der Beiname des „Straffe Hendrik“ auch sein, denn das technisch als Triple gebraute Bier hat durchaus Kraft: Karamell satt und eine Mischung aus Banane und weißer Schokolade lässt beim Riechen des frisch gefüllten Glases an eine Bananen-Schnitte denken. Auch am Gaumen wirkt das Bier cremig, der „Straffe Hendrik“ bringt aber auch noch Biskuitnoten und Zimt mit. Das alles klingt jetzt nach einem weit süßeren Bier, als das der Fall ist. Denn der Malzsüße steht genug Frische gegenüber, die für ein vollmundiges, aber immer trinkanimierendes Geschmackserlebnis sorgt.
P.S.: Für jene, denen der „Hendrik“ gerne noch fester zulangen kann, füllt man auch ein „Quadrupel“ (11% Alkohol), das mit seinen Orangenzesten- und Kaffeenoten im Geruch schon klar macht, wohin die Reise geht – das ist Nuss-Schokolade zum Trinken, kräftig wie eine Weinbrandpraline.
Bezugsquelle:
Brouwerij De Halve Mann, „Brugse Zot Blonde“ ist um EUR 1,69 erhältlich, das Triple „Straffe Hendrik“ um EUR 1,79 (beide in der o,33 Liter-Flasche), alle beim Spezial-Versand „Bier-Zwerg“, www.bierzwerg.de