Der Nikolaus kommt heuer früher. Er heißt Thomas Plaue und hat im Sack die zehn Whisky-Raritäten, die Diageo als weltgrößter Eigentümer schottischer Brennereien als „Limited Releases“ abfüllt. Dabei sind Destillerien wie Pittyvaich und Inchgower, die auch Single Malt-Nerds nicht gleich verorten können. Die Verkostung dieser einmaligen Abfüllungen – teilweise nur mit in wenigen tausend Flaschen verfügbar – wurde demnetsprechend zu einer Feierstunde. Ein „best of“ mit Fokus auch auf die Preise dieser schottischen Whiskies haben wir, quasi als Nikolos Begleiter, hier zusammen gefasst.
Lagavulin als einer der bekanntesten Islay-Single Malts führt diese Liste an: Der 12-jährige Whisky kommt wie alle anderen auch in Fass-Stärke daher und das bedeutet in diesem Fall 57,8% Alkohol. Der Torf sticht gleich einmal hervor im Duft, aber auch die erdige Würze eines Voatsiperifery-Pfeffers notierten wir. Vielschichtige Noten bringen aber auch Zwetschken-Röster und Eibisch mit in dem Potpourri. Wie flüssiger Speck legt sich der Lagavulin dann auf den Gaumen, das Mundgefühl ist fast schon cremig dicht.
Der 2005 gebrannte Whisky ist intensiv wie nur und bringt auch satte Frucht-Eindrücke (Marille vor allem) mit. Mit Wasser zum Aufschließen der Aromen setzt sich dann auch Haselnuss durch; sie kommt einmal als Creme, einmal in röstiger Form, die das Torf-Malz noch einmal aufleben lässt im Finish. Fazit: Eine gelungene Version der markanten Islay-Stilistik, die mit ihrer Balance auch in Fass-Stärke begeistert.
Aus dem Bourbon-Fass der zu Diageo gehörenden Bulleit-Brennerei kommt der offiziell jüngste der „Special Releases 2018“, denn nicht alle tragen eine Altersangabe. Im Duft merkt man beim „8 years“ von Talisker leichten Zündholz-Schwefel, dazu röstige Noten („Nussini“, der alte Haselnuss-Snack kommt einem in die Erinnerung!) und eine Mischung aus trockenem Kakao und Katen-Schinken. Auch am Gaumen ist die Würze des Drams von der Insel Skye dominant; hier mengen sich Roggenbrot und Pfeffer-Kuchen mit Rosinen und etwas Limetten-Schale. Das Finish ist süßlich und erinnert an Malz, im Rückaroma gibt es dann eine an Salzmandel erinnernde, maritime Note, die den 59,4% starken Whisky abrundet.
Den Rauch kitzeln Fans dieser Note mit ein paar Tropfen Wasser heraus, dann duftet es nach Teer – am Gaumen frischt der Pfeffer auf. Ein junger, aber überaus charakter-voller Insel-Whisky, der noch dazu mit dem Preis überzeugt.
Sechs Destillen für den Rauch der Kumquat: „Cladach“
Denn die „Special Releases“ gehen mitunter in die vollen, diesmal hat man zumindest Flaschen um einen vier-stelligen Preis vermieden. Der seltene – 3276 Flaschen gibt es lediglich! – Caol Ila aus dem Brennjahr 1982 ist mit 799 Euro Preisempfehlung die obere Begrenzung der heurigen Zehner-Serie. Er war mit 35 Jahren die älteste überhaupt gefüllte Version der Islay-Destillerie (den bisherigen Rekordhalter, einen „30 years“, haben wir übrigens hier verkostet). Und was soll man sagen? Er gilt bereits als ausverkauft!
Noch leistbar – zumindest mit Blick auf die Selbst-Belohnung zu Weihnachten – ist eine Neuheit, die unter dem Untertitel „Six coasts“ läuft. Denn mit Bränden der eben erwähnten Destillerie Caol Ila, aber auch von Inchgower, Clynelish, Lagavulin, Oban und Talisker hat man einen „Blended Malt“ (früher auch mal „vatted malt“ genannt) erstellt, also eine Cuvée aus Single Malts. 57,1% Alkohol bringt diese Fass-Stärke mit, aber viel wichtiger ist, dass sie ein Meisterwerk geworden ist – auch wenn man uns eine Altersangabe verschweigt.
Der Rauch – immerhin haben wir zwei Islay-Brennereien an Bord – ist in der Sekunde da, aber auch eine an Manner-Schnitte erinnernde, süße Haselnuss-Note. Chili und Szechuan-Pfeffer zerstreuen aber jede illusion, der „Cladach“, wie dieser Whisky offiziell heißt, könnte ein Lieber sein. Röstige Maroni, Walnuss und die pikante Fruchtigkeit von Senf-Früchten („mostarda“) prägen den Gaumen. Der wirkliche Witz dieses Küsten-Blends aber ist das ewig lange und rauchige Finale.
Gibt man noch Wasser dazu, dann dreht die jodige Schärfe auf, das Finish wird medizinal statt rauchig. Auch eine Frucht, die bisher im Hintergrund blieb, schiebt sich in den Vordergrund: die Kumquat. Aromatisch und in seiner Zugänglichkeit erinnert der „Cladach“ an den Talisker Storm, allerdings in einer Anabolika-Version. Und in der Zwischenzeit wurde er wohl auch zum Zigarren-Raucher. Großer Stoff, vor allem in seiner Vielseitigkeit, die sich minütlich ändert!
Und wer einmal wissen möchte, wie ein ungetorfter Caol Ila schmeckt, dem sollte der „15 years“ gefallen. Der 2002 gebrannte Whisky kommt mit einer an die 60% schrammenden Stärke in die Flasche (genau sind’s 59,1%) und ist doch ein Schmusekätzchen im Duft: Kletzen und „Birne Helene“, denn auch cremige Vanille ist da zu riechen, dazu Piment, sorgen für einen süßlichen Eindruck. Der an Nuss-Nougat erinnernde Kostschluck entfernt sich weit von der Haus-Stilistik mit dem dezenten Rauch, erst mit Wasser-Zugabe kommt der auch durch, aber eben nur ein bisschen.
Dafür erinnert der Geschmack dann an Marillen-Kern. Dieser „Stein-Ton“ bringt aber keine Marzipan-Note, sondern leichte Chili mit, das Finish gehört einer frischen Zitrusnote, die diesen ungewöhnlichen Caol Ila abschließt. Damit lässt sich im Whisky-Club überraschen – wenn man ihn denn schnell genug für sich gesichert hat.
Bezugsquellen:
Diageo Limited Release, Lagavulin „12 years“ kostet EUR 124,90, der Talisker „8 years” ist um EUR 89,90 erhältlich, alle bei Robert Grogers Whisky-Shop, www.whisky-shop.at
Diageo Limited Release, Caol Ila „15 years“ (unpeated) kostet EUR 99, der Cladach („six coasts“) ist um EUR 169,90 zu haben, beide im Weisshaus-Shop, www.weisshaus.at