Die diesjährige Besucherzahl im Hotel Bristol zeigte es: Der Geheimtipp hat sich schon herumgesprochen. Frankreichs Weinwelt exportiert schließlich nicht nur die Sammlerstücke aus der Bourgogne oder des Bordelais. Wenn die Handelsabteilung der Französischen Botschaft zur Verkostung lädt, sind es meistens größere Handelshäuser oder Genossenschaften, die ihr Portfolio vorstellen. Das bedeutet zum einen natürlich auch, sich durchzukosten und quasi am Glasrand auch manchen Frosch zu küssen. Allerdings lohnt die Mühe. Sympathische und kundige Menschen frischen nicht nur unser Französisch auf, sie haben mitunter auch erstaunliche Preis-Leistung-Sieger mit.
Ambrosia verheißt ja schon mit dem Namen himmlische Verkosterlebnisse. Was sich hinter dem Anbieter verbirgt, der eine ganze Reihe Weingüter bündelt, erläutert dann Marketing-As Juliette Ridon. Quer durch das Weinbaugebiet Bordeaux sind die Keller der Firma verstreut. Es sind nicht die großen Namen, die man abfüllt, aber oft genug trennt nur eine Hecke, ein Fluss, eine Begrenzungsmauer die Reben von Ambrosia von bekannten Châteaux. So ist es im Zuge der dégustation etwa bei unserem Favoriten. Er stammt vom Château Piche Leibre aus dem Margaux und stellt einen reinsortigen Cabernet des Jahrgangs 2019 dar. Doch die 1,4 Hektar, die praktisch „umzingelt“ von Reben des weltbekannten Château Giscours sind, geben nicht viel Wein her – und der geht großteils an die kundige französische Gastronomie. Zut alors!
Doch es gibt auch Ambrosia-Weine, die es in Österreich zu erwerben gibt. Der 2016er Château Priban gehört dazu. 70% Merlot und 30% Cabernet machen diese Cuvée aus dem Haut-Médoc aus. Die Nase hingegen ist purer „Cab“ – Grüne Paprika erinnert daran, dass das ebenfalls auf Cabernet Franc und Cabernet Sauvignon setzende Château Cantemerle sehr nahe liegt. Die Würze von Steinpilzen und Graphit ergänzt einen Duftkern aus Brombeeren und auch etwas kaltem Mokka. Am Gaumen zeigt der Merlot aber seine Hausaufgabe vor: Er ist für das Mundgefühl und die Ansammlung dunkler Beeren zuständig.
Der Cabernet hingegen liefert den Zug des Château Priban 2016; Säure und Biss sind seine Stärke. Und von ihr lebt der gerade in seiner ersten Genussreife stehende Rotwein. Seidig und doch kraftvoll, zeigt sich ein Mix aus dunkler Schokolade und fast likörig intensiven Heidelbeeren. Perfekte Cuvée, wie man sie von einigen „Zweitweinen“ großer Chateaux kennt. Nur halt nicht um diesen Flaschenpreis!
Die feine Abstufung der Assemblage wird dann auch beim zweiten Wein-Tipp von Juliette Ridon (kl. Bild rechts) auffallen. „Nicht mit dem Château Gazin aus Pomerol verwechseln“, rät sie beim Einschenken noch. Denn der Château du Gazin heißt in der Tat recht ähnlich. 2018 waren es bei ihm 5% Malbec, die das Schwergewicht der Cuvée (85% macht der Merlot aus) ergänzten. Den Rest stellt Cabernet Franc, wobei die Sorte im Duft praktisch nicht existent ist. Zu sehr balgen sich die beiden „Plüschtiere“ aus schwarzer Beeren-Frucht um die pole position in Sachen Duft.
Fast schon gekocht schwarze Beeren sind zu riechen; man denkt an Hollerkoch, da auch der Duft überreifer Zwetschke in die Nase steigt. Am Gaumen hat der Tannin-reiche Cabernet dann doch Spuren hinterlassen. Er gibt dem 2018er eine anfangs schlanke Art mit, die auch vom Tanningerüst des Rotweins beeinflusst wird. Denn die 14,5% vol. Alkohol am Etikett sind wohl eher bei 15% gelegen in diesem Jahrgang. Die Cuvée aus der AOC Canon-Fronsac öffnet sich in Richtung Heidelbeere, wobei die Rudimente von Säure vor allem bei etwas kühlerer Serviertemperatur (die in Wien der Fall war) zur Geltung kommen. So wird der Druck des Château du Gazin 2018 ein wenig kanalisiert und apert nicht in Üppigkeit aus. In jedem Falle: Viel Rotwein für’s kleine Geld! Und das macht in Zeiten wie diesen doppelt Spaß.
Bezugsquellen:
Château Priban, Château Priban 2016 (Haut-Médoc Cru Bourgeois supérieur) kostet EUR 19,80 (0,75 Liter);
Château du Gazin, Château du Gazin 2018 (AOP Canon Fronsac) ist um EUR 16,80 erhältlich – beide bei der Vinothek St. Stephan, www.vinothek1.at