Dass es sich bei Château Beychevelle um eine der besten Adressen in Saint-Julien handelt, darf man unter Bordeaux-Freunden als bekannt voraussetzen. Kommt der seit 1855 als Quatrième Grand Cru Classé gelistete Wein ins Glas, schwirren unter Frankreich-Fans die Wetterdaten und Wörter wie Trockenstress, Niederschlagsmenge und Lese-Reduktion nur so herum. Das war auch im „Stiebitzkeller“, dem historischen Weinlager des Wiener Schwarzen Kameel, nicht anders. Allerdings erst, als die vier Jahrgänge (2014, 2008, 2010 und 2005) des Grand vin kredenzt wurden.
Davor hatte Philippe Blanc, der Kellermeister des zu 50% der japanischen Suntory-Gruppe und 50% dem von Pierre Castel geleiteten Bier- und Wein-Konzern „Castel Frères“ gehörenden Châteaus, eine Überraschung mit. Genau genommen drei, die sich alle unter dem Zweit-Wein „Amiral de Beychevelle“ einordnen. Im Preis wohlgemerkt, denn die Qualität der Auftakt-Weine erstaunte.
Mit dem Einziehen einer „kuratierten“ Wein-Linie hat man Trauben aus dem gesamten Bordelais zur Verfügung. „Grand Bateau by Beychevelle“ gibt es in Rot und Weiß, beide mit einem erstaunlich niedrigen Preis. Vor allem beim „Grand Bateau Blanc“ wird man nicht so leicht einen heimischen Sauvignon Blanc mit diesem Trinkspaß (und einem gewissen Prestige trotz des „by Beychevelle“) finden. Der 2017er duftet nach hellem Tabak, Kletzenbirne und Dörrmarillen, seine Stärken spielt er aber erst am Gaumen aus. Die Balance aus der zarten Sesam-Note, dem saftigen Gelben Apfel und einem herben Fruchtanteil (Quitte) macht einen Wein zum Immer-wieder-Trinken daraus. Rund und nicht über-komplex, aber mit trinkanimierenden Eigenschaften, die mitunter an Pinot Blanc erinnern, kommt der „Grand Bateau Blanc“ daher.
Als Einstieg in Rotwein, für die Beychevelle weltbekannt ist, fungiert der „Secret de Grand Bateau“, ein 80%-iger Merlot (mit einem 20%-igen Cabernet-Anteil): Weichsel und eine Nougat-Note machen Lust auf den Kost-Schluck, auch etwas Powidl zeigt die satte Reife an. 2015, der aktuelle Jahrgang dieses Weins, war ein gutes Jahr, wie Philippe Blanc (kl. Bild links) ausführt. Das weiche Tannin macht den Wein zu einem Schmeichler von Beginn weg, wieder ist hier Schokolade im Spiel, aber auch die Zwetschken-Noten kehren am Gaumen wieder. Auch dieser Wein ist ein „Crowdpleaser“, vielleicht sogar noch mehr als der weiße „Grand Bateau“, zumal er auch seine 14% Alkohol gut unter der samtigen Haube versteckt.
Pfeffer auf der feinen Klinge: „Brulières“ 2015
„Brulières de Beychevelle“ ist der nächste Wein, in unterscheidet die Herkunft aus der Appellation Haut-Médoc – sie gilt als kühler als St. Julien. Der direkte Vergleich bei einem ähnlichen Verhältnis der Cuvée-Partner Merlot und Cabernet Sauvignon unterstreicht das; denn auch der „Brulières“ stammt aus dem Jahrgang 2015. Ribisl und Pfeffer (für Kenner: Voatsiperifery, die leicht erdige wilde Spielart) zeigen in der Nase einen eleganteren Wein an. Mit Luft wird daraus eine fast expressive Himbeer-Note. Alles ist hier viel feiner, im Vergleich zu, „Grand Bateau“ wirkt er wie eine Gliederpuppe neben einer Action-Figur.
Von Beginn weg schwingt Würze mit, die Kräuter stellen sich aber hinten den saftigen Kirsch- und Beeren-Noten an. Artig lassen sie den Vortritt, ehe dann im Finish die feine Klinge dieses Weins sichtbar wird. Die Lorbeer-Blätter melden sich sanft, aber nachdrücklich, und geben dem eleganten Haut-Médoc Trinkfluss.
Vier Jahrgänge von Beychevelles Grand Vin
Und der Grand vin? Hier zeigte sich der 2014er würzig, mit einem an Chili, Pfeffer und Lorbeer erinnernden Finish, der Ungestüm der Jugend war merklich. Ganz anders hingegen der „Blaubeer-Buddha“, wie wir den 2008er Château Beychevelle schnell tauften. Der nach Majoran, Selchfleisch und viel Leder duftende Bordeaux mit der dunklen Frucht (Holunder und Maulbeere) hat ein erstes Plateau erreicht. Herrlich ruht er ins sich – daher der Spitzname – und wäre da nicht der Gerbstoff, würde man ihn restlos bereits jetzt empfehlen.
„Der beste Wein, der wir bisher wahrscheinlich gemacht haben“ (© Philippe Blanc) ist aber der Jahrgang 2010; Superlative bei Säure, Alkohol und Tannin eilen ihm voraus. In der Tat ist seine Frische auch nach 18 Monaten im (zu 50% neuen) Holz bemerkenswert: Würze steht bereits im Duft vor der Frucht. Was die Kräuter in der Nase sind, bringt der säurige Zwetschken-Touch am Gaumen mit – Frische in einer jugendlichen Unbekümmertheit, die in der Tat Großes und ein langes Leben verspricht. Reden wird 2027 weiter!
Dann stellt sich vielleicht die Balance ein, die den 2005er als ältesten Beychevelle der Probe auszeichnete. Wie ein Reisauflauf vereinte er Röstnöten, Frucht und Säure im Duft wie auch am Gaumen; Die Würze der 50% Cabernet (3% davon Cabernet Franc) im Blend wirkt wie hingetupft. Kühle Johannesbeeren, Thymian, all das trägt er ruhig ins Finale – als wäre man im Langboot, dem emblematischen Logo des Châteaus, auf einem trägen Fluss.
Bezugsquelle:
Château Beychevelle, „Grand Bateau Blanc“ 2017 kostet EUR 9,90, der „Secret de Grand Bateau“ EUR 13,90 und der „Brulières de Beychevelle“ ist um EUR 27,90 zu haben; der Grand Vin „Château Beychevelle“ des Jahrgangs 2014 kostet EUR 139, der 2008er EUR 169 und der Jahrgang 2010 EUR 189; alle bei Kracher Fine Wine, www.finewineshop.com