Es darf gelacht werden. Aber auch gut getrunken. Denn in zwei Teilen war unsere Übersicht der besten Lagen des Carnuntum nicht unterzubringen. Nach Teil 1 über unseren neuen Liebling Haidacker und dem Best of vom Spitzerberg in Teil 2 blieb noch einiges zu sagen. Wir tun es in Teil 2½ und fangen gleich einmal mit einem kräftigen Rotwein an, der einmal kein Zweigelt war.
Ein wenig rustikal beginnt der Duft des kräftigen (14,3%) Blaufränkischen vom Weingut Artner, doch Lorbeer, Oliven und eine seeeehr dunkle Zwetschke machen neugierig auf diesen Blaufränkisch der Lage Kirchweingarten. Es ist ein Wein, der als 2015er eindeutig noch zu jung ist, aber für alle, die ihn „lesen“ können, sein Potential zeigt. Die dunkle Zwetschken-Fruchtigkeit wird von einem herben Tannin und der Kraft des Jahrgangs begleitet. Finesse verleiht wieder die Lorbeer- und Wacholder-Würze. Ein echter Einlager-Tip!
Und weil wir gerade dabei sind, kosten wir doch gleich auch was vom Winzer-Präsidenten Robert Payr. Er hat auf der von Donauschotter und etwas sandigem Lehm geprägten Lage Steinacker Zweigelt stehen und davon gefällt der 2013er Reserve ausnehmend gut. Kokosraspel und Nougat begleiten einen roten Früchtemix – Cranberry vor allem – im Duft. Der mit 14,5% Alkohol gefüllte Wein hat spürbar breite Schultern; das auch nach fünf Jahren noch merkliche Tannin tut sein übriges. Die tiefdunkle Art wird von der Würze noch unterstützt, auch hier sind es keine frischen, kräutrigen Noten, sondern die erdig-bittere Würze von Lorbeer und Wacholder, die den großartigen Wein begleiten. Wer Zweigelt für ein jung zu trinkendes „kitschiges“ Safterl hält, sollte hier mal reinschmecken.
Doch Payr legte noch eins drauf, seine Paradelage Bühl hatte 2013 ebenfalls eine Sternstunde. Wie oft notiert man Harissa, die scharfe Würzpaste aus dem Maghreb, als Geruchseindruck bei Rotwein? Eben! Und damit ist es nicht genug des „Bazar-Dufts“, auch Datteln mengen sich mit dem scharfen Paprika und einer grünen Würzigkeit bei dieser Cuvée aus Zweigelt, Merlot und Blaufränkisch. In ähnlicher Weise zeigt der 2013er Bühl auch am Gaumen zwei Gesichter. Die bemerkenswerte Säure, die nach fünfe Jahren noch einen frischen Antrunk garantiert, endet in einem nahezu ätherischen Finale. Ja, man kann den Wein esoterisch beschreiben, denn auch die Röstnoten gehen mehr wie ein Gespenst um, als dass man sie jemals festmachen kann. Das Ganze wird von einer merklichen Tanninstruktur zusammengehalten wie von einer Spagat-Schnur, die diese vielschichtigen Eindrücke zu einer Einheit verwandelt. Großes Potential!
Einen reinen Merlot hingegen hat man beim Weingut Gottschuly-Grassl auf der Bühl gepflanzt. Er ist mit Jahrgang 2015 auch jünger, doch die Lagen-Charakteristik schlägt auch hier durch. Zwar melden sich weniger orientalische Gewürznoten, doch die saftige Frucht wird auch hier mit ordentlicher Kräuterkraft befeuert. Es duftet anfangs nach Karamell und reifer Himbeere, ein wenig bricht sich auch Paprika die Bahn (entweder die „Harissa“-Note der Lage oder ein wenig Cabernet dabei?). Die Mischung aus fast schon mürber Frucht am Gaumen – manchen mag das zu „weich“ sein – und der Würze macht in Summe ein beachtliches Trinkanimo aus. Auf die an rote Beeren und Zwetschkenröster erinnernde Frucht setzt sich ein Finale, das mit Minze und Grünem Pfeffer Lust auf den nächsten Schluck macht. Dieser „Rotundo“, wie der Wein hausintern heißt, kleidet den Gaumen aus und erfrischt ihn im Abgang dann wieder. Roter Yin-und-Yang-Wellengang, made in Höflein!
Bezugsquellen:
Weingut Artner, Blaufränkisch Reserve „Kirchweingarten“ 2015 ist um EUR 22 im Web-Shop bzw. ab Hof erhältlich, www.artner.co.at
Robert Payr, Zweigelt Reserve „Steinacker“ 2013 ist um EUR 36,80 erhältlich, die Cuvée Bühl 2013 kostet ebenso EUR 36,80 – beide ab Hof bzw. im Webshop, www.weingut-payr.at
Weingut Gottschuly-Grassl, Merlot „Rotundo“ 2015 ist um EUR 17,50 ab Hof bzw. im Webshop erhältlich, www.gottschuly.at