Heute trifft man David Hohnen regelmäßig am samstägigen Farmers‘ Market in Margaret River. Der drahtige Senior ist eine Welt-Berühmtheit, seit er „Cloudy Bay“ aufgebaut hat und so Neuseelands Sauvignon blancs bekannt gemacht hat. An seinem „The Farm House“-Standl spricht Hohnen heutzutage aber lieber über seine „Big Red“-Schweine. Doch in Australien ist er weniger wegen seiner Meriten bei den „Kiwis“ eine Legende, sondern weil sein Cabernet zwei Mal die Trophäe für den besten Wein Australiens (Jimmy Watson Trophy) gewonnen hat. Und der kam von „Cape Mentelle“, dem Weingut, das er in Margaret River, dem südwestlichsten Eck‘ des Fünften Kontinents aufgebaut hat.
Hohnen und seine beiden Brüder waren damals mit den Ärzten Tom Cullity (Vasse Felix, bereits von uns vorgestellt), Bill Pannell (Moss Wood) und Kevin Cullen (Cullen Wines) Pioniere in der Minen- und Surfer-Gegend. Die 16 Hektar der Frühzeit haben sich bei Cape Mentelle seither verzehnfacht, das Weingut gehört heute zum Luxuskonzern Louis Vuitton/Moët Hennessy. Der französische Eigentümer hat mit Frédérique Perrin auch eine erfahrene Kraft (u. a. arbeitete sie für Krug-Champagner) als technische Managerin des Weinguts nach Westaustralien entsandt. Bei unserer großen Probe von 12 Sauvignon-Sémillon-Blends ragte der 2017er von Cape Mentelle ebenso heraus wie der Chardonnay beim Vergleich eines Dutzend Weine dieser Rebsorten.
Irritierender Weise ist gerade dieser Chardonnay – ein echter Preis-Leistungswein – in Mitteleuropa praktisch nicht zu bekommen. Dabei vereint etwa der 2016er saftige Frucht (Mango, Banane und Papaya) mit einem rauchigen Ton und einer „hard spice“-Note (Gewürznelke, Piment), wie man das von guten Burgundern etwa aus Mâcon-Igé kennt. Hier ist es ein spezieller Klon namens „CinCin“, dem die Winzer unisono die auch bei hoher Reife schöne Säure-Struktur zusprechen. Aber leider gilt wie für viele Australier: „Not available in Austria“.
Margaret River ist wie eine Pralinen-Schachtel: Es macht einfach Spaß sie zu erkunden.
Frédérique Perrin, Cape Mentelle
Der „SémSau”, wie die lockeren Australier die Mischung der beiden weißen Reben vom Indischen Ozean nennen, hingegen findet seinen Weg zu uns – und das ist gut so. Surfer macht das Meer Spaß, den Reben bringt der maximal fünf Kilometer entfernte (Indische) Ozean eine natürliche Kühlung – bis Madagaskar findet sich westlich keine Landmasse! Daher nimmt der Sémillon dem Sauvignon das oftmals zu Grasige (bekanntlich nicht Jedermanns Sache), wenn man nur das richtige Mischungsverhältnis findet. Zumal der „Minderheitenanteil“ dem „SémSau” den Namen gibt, in der Regel aber zwischen 60 und 80 % des Blends der Sauvignon ausmacht.
„SémSau” zum Wegzischen, „Cab“ zum Steak
Melone und Nektarine, fast schon Lychee, zeigen hier eine intensive Frucht, sie wird von angenehmen 11,7% Alkohol begleitet. Das zeigt, dass hier Reife und Alkohol mitunter entkoppelt sind. Die Lese in der kühleren Nacht und eine kühle Vergärung bringen die Frische dann am Gaumen deutlich hervor – so hätte man sich den Wein nicht vorgestellt nach der intensiven ersten „Duftmarke“. Aber von Beginn weg kommt ein mineralischer Zug durch bei den auf schottrigen Böden im Süden von Margaret River (der Antarktis näher und daher kühler als der Norden) gewachsenen Reben. Das Erbteil des Sauvignon blancs (er macht 61% beim 2017er aus) sorgt für kräutrige Noten, Kiwi und noch weiße Ribisln ergeben einen säurigen, zart „grünen“ Auftakt. Sucht man ein Synonym für diesen gelungenen Blend, wäre das Passionsfrucht-Limonade. Denn spritzig und beachtlich süffig ist dieser Wein mit seinem betont zitrusfruchtigen Finale (Limetten vor allem). Das sollte auch Freunden der „alten“, knackigen Steiermark-Stilistik gefallen!
Preislich setzt auf „Cape Mentelle“ der von David Hohnen bekannt gemachte Cabernet Sauvignon nach wie vor die Benchmark; 113 Aussie-Dollar (ca. 70 Euro) kostet die Flasche ab Hof. Der Duft des aktuellen Jahrgangs, den Geschäftsführer Cameron Murphy (kl. Bild) einschenkt, erinnert an „Schwarzwälder Kirsch-Torte“: Die Weichselfrucht, die cremigen Noten, der Schmelz der Milchschokolade, sie alle sind beim 2014er da. Mit der Zeit wird die Frucht aber dunkler, dann kommen Brombeere und Johannesbeere durch. Und mit letzterer steigt auch das Paprika-Pulver in die Nase; der Merlot (15% wurden mitgenommen) sorgt offenbar für zeitverzögertes Wahrnehmen der Cabernet-Düfte. Im Mund ist dieser 2014er von Beginn an würzig, die Rote Paprika wird nach einem anfänglichen Zögern von Gerbstoff umspült.
Am mittleren Gaumen darf man kurz durchschnaufen, dafür schlägt der Cape Mentelle-„CS“ im Finale wieder ordentlich nach. Dann kommen Bitterschokolade und Lakritz zum Vorschein, auch die 14% Alkohol machen sich bemerkbar. Man kann das Steak jetzt servieren, bitte!
Bezugsquelle:
Cape Mentelle, Sauvignon blanc/Sémillon 2017 ist um EUR 18,90 erhältlich, vom Cabernet Sauvignon gibt es die Jahrgänge 2013 und 2010 um EUR 49,90, beide bei Belvini, www.belvini.de