Diesmal war es nicht so leicht mit der höflichen Ablehnung. Denn an sich kosten wir wenig neue Gins. Zuviel Schindluder wird mit dem an sich recht eng („vorherrschendes Aroma von Wacholder“) definierten klaren Brand getrieben. Speziell die lokalen Aromageber drehen da oft in Richtung eines Obstbrands ab. Weil im Gin mit Sanddorn soll halt auch vom Laien die Frucht erschmeckt werden. Doch die Story von Pannonia Spirits klang dann doch zu interessant. Das man schon während der Handelsakademie Firmen gründet, gehört ja noch zum üblichen Ausbildungsplan. Doch Jakob Schappelwein und Nicolas Ernst entschieden sich für eine Destillerie.
Die Immobilie war vorhanden – im burgenländischen Neudörfl hatte die Winzer-Familie Schappelwein den ehemaligen Heurigen lange verpachtet gehabt. Nun zogen hier die beiden Brennblasen der Youngsters (jedem gehört eine 30 Liter-Anlage) ein. „Das Ersparte und Einkommen vom Zivildienst floss hinein“, so Ernst zum Start mit 80 Flaschen. Er selbst hatte sich mit einem Gin-Baukasten schon an der Eigenproduktion versucht, ein Glücksfall brachte Freund Schappelwein beim Auslandssemester zu einer kanadischen Gastfamilie, die sich schnell als Eigentümer der Newfoundland Distillery entpuppte. Lernen war also auch abseits der Schule, in der Brennerei, angesagt.
Am Ende stand der erste Gin des Duos, „bei dem wir aber viel gelernt haben“. Dass es eine klassische, auf nur sieben Botanicals fußende Rezeptur werden sollte, war schnell klar. Doch das lokale Element erwies sich als besonders „tricky“ im Vergleich zur Abstimmung von Wacholder, Zitrone, Orange und Angelika-Wurzel. Der Holunder ist zwar leicht zu bekommen, „er will aber sehr dezent gesetzt werden“. Teilweise ergaben sich aromatische Unterschiede, wenn sich nur wenige Milliliter änderten. So weit die Vorrede, ehe Nicolas Ernst den Geist aus Flasche lässt.
Wir riechen lange. Denn die spannendste Frage liegt natürlich im (merklichen) Anteil des Holunders. Er kommt in der Nase deutlich durch, sein Gerbstoff wird stolz gespannt wie ein Bizeps. Was aber nicht heißt, dass er dem Wacholder Konkurrenz machen kann. Würzig ist das Haupt-Botanical zur Stelle, etwas Orangen-Zeste und auch Grüner Pfeffer begleiten den Duft. Mit etwas Luft dachten wir sogar an Vanille.
Das Mundgefühl ist bei einem Gin auch immer ein guter Gradmesser – je viskoser, desto mehr ätherische Öle, die auch mit Tonic erhalten bleiben, darf man erwarten. Hier bringt der Neudörfler Neuling einen runden Eindruck mit, die feine Würze ist von Anfang an auch dabei. Im Mund erinnert sie an Weißen Pfeffer. Final kommt der Wacholder strahlend klar durch, ihn begleiten Zitrus-Noten. Sie erinnern an den weißen Fruchtfleisch-Teil von Zitronen, was dem herben und langen Nachklang Auftrieb gibt. Ganz hinten würzen dann noch kräutrige Akzente nach.
Die wichtigste Probe trat der Pannonia Spirit No.1 dann mit Tonic Water an: Da wird der Burgenländer dann endgültig zum Ehren-Briten; trocken und mit stets präsenter Wacholder-Note sorgt er für einen perfekten Longdrink. Hier werden – auch nach der Matura – offenbar die Hausaufgaben gemacht!
Bezugsquelle:
Pannonia Spirits, Gin ist um EUR 34,90 (0,7 Liter-Flasche) via Online-Bestellung erhältlich, https://pannonia-spirits.at