Der Traum vom eigenen Wein, wir kennen ihn. Idealer Weise ohne Dreck an Händen und Gummistiefel, klamme Finger von der Rebschere, aber doch mit Kennermiene abgesegnet. Das wäre es doch; ein Barriquefass zu dritt macht 100 Flaschen Haustrunk per annum. Während Sachzwänge und Trägheit einen dann doch immer wieder vom Edelwinzertum abhalten, macht eine eingeschworene Gruppe ihren Wein seit 23 Jahren. Barrique de Beurse nennt sich diese einmalige Edition, da an ihrem Ursprung 1991 Bond-Händler der Wiener Börse standen.
Entsprechend ziert auch der ATX des Erntejahres – nur 2002 gab es keinen Börsianer-Barrique – das Etikett. Imm ist darauf auch ein ein Bulle oder ein Bär zu sehen, je nach dem Verlauf des Handelsjahres (in Summe, so sei es allen Berufspessimisten ins Stammbuch gekritzelt, waren es 14 gute Bullen- und nur acht träge Bären-Jahre). Doch damit endet der Zusammenhang nicht, auch die jährlich wechselnde Winzerauswahl folgt einem Börseprinzip. Diese Parallele zieht Johann Wanovits, der als primus inter pares die Organisation der jährlichen Ausgabe inne hat: „Uns taugen Entdeckungen, das ist wie bei den Aktien“.
Immer andre Winzer, diesmal: Andrä-Winzer
Heuer gelang eine solche, denn man kann es ruhig zugeben, viele Winzer aus St. Andrä am Zicksee fallen einem nicht ein. Doch auch das Weingut Michlits/Stadlmann musste sich dem einzigartigen Modus unterziehen, mit dem diese Cuvee alljährlich entsteht. Ganzjährig sucht die Traderrunde ihre rotweinigen Blue Chips, ehe dann aus dem Kreis der Geheimtipps aktiv Fassproben angefordert werden. „Da haben wir über die Jahre ein eigenes Raster entwickelt“, so Wanovits über das Procedere, an dessen Ende ein A 1 grosses Poster mit der Gesamtwertung steht. Damit steht der Winzer aber noch immer nicht fest, denn er muss auch vor Ort mit der Qualität überzeugen. „Wir sind auch schon heimgefahren“, zeigen die für Nervenstärke bekannten Börsianer auch da Härte. Im Idealfall wird aber dann cuveetiert, 40 Runden sind auch bei der eingespielten Verkostenrunde keine Seltenheit, „wir nehmen das alle sehr, sehr ernst“.
Am Ende stand dann die mit Franz Stadlmann entwickelte Mischung, die aus Zweigelt (30%), St. Laurent (30%), Cabernet-Sauvignon (15%), Blaufränkisch (10%), Merlot, Syrah und Roesler (jeweils 5 %) besteht. Auffällig ist die extrem fruchtige Nase, die mit etwas Luft immer intensiver wird. Stehen zu Beginn noch säurige Noten – Weichsel etwa – im Fokus, verschiebt sich das Gewicht über die ausgeprägten Vanillenoten hin zu einer zimtigen Weihnachtlichkeit, aber auch der zarten Süße der Schaumzuckerware Marke „Wiener Gebäck“. Am Gaumen nimmt sich die expressive Frucht dann zurück, rund und saftig wirkt der Barrique de Beurse allemal.
Die Jugendlichkeit merkt man dem prägnanten Gerbstoff an, der aber bald einer herben Note weicht – Lorbeer und schwarze Olive ließen sich nennen – im Finish wird es fast erdig. Würzig wie Pastinakenchips ist der Schlussakkord. Knapp über 2.000 Flaschen gab es, dass diese Aktie überzeichnet ist, wie die Trader sagen würden, wundert nicht. Wir fügen als Analyst hinzu: „Halten!“. Denn Lagerung schadet in diesem Fall nicht. Etwas softer geworden, zahlt er dann – sagen wir: 2017 – eine hohe aromatische Rendite.
Bezugsquelle:
Michlits-Stadlmann, Barrique de Beurse 2013, ist ab Hof um EUR 19 erhältlich, www.weingut-stadlmann.com