Wer sich ein bisschen in der Bier-Welt auskennt, für den ist Liefmans zugleich ein Synonym für „Kriek“. Jenes Kirschbier, das in Belgien zu den eigenwilligsten Spezialitäten gehört. Auf Basis dieses Wissens hat man bei der Brauerei in Oudenaarde aber auch ein Getränk ersonnen, das Brücken baut zum „easy drinking“ der aktuellen Generationen. Konservative Bierfreunde lesen beim „Fruitesse“ am Etikett drei Wörter und lassen es stehen. „On the rocks“ soll aber den Spaß des Cocktail-Trinkens auf die Bierwelt übertragen. Zudem ist das Kühlen auf Eis auch eine Methode, der fruchtigen Süße des „Fruitesse“ den Nipf zu nehmen.
Dem knallroten Eindruck im Glas entspricht ein fast schon fröhliches Duftbild. Weichselsaft, Brausepulver der Geschmacksrichtung Rote Johannisbeere, aber auch Erdbeere lässt sich entdecken. Pur ist die Süße des 3,8% starken Fruitesse am Gaumen ausgeprägt. Auch hier kommt ein Beeren-Mix zum Vorschein, der rote Früchte, aber auch Brombeeren mitbringt. Da macht das „on the rocks“ schon Sinn. Wobei ein seeeehr gut gekühltes „Fruitesse“ zu Risotto Milanese schon Spaß machen kann.
Doch bei den Klassikern aus Belgien hat dieses „Spaßbier“ noch keinen Platz. Die weitaus orthodoxere Art eines belgischen Fruchtbiers aus dem Hause Liefmans aber schon. Sie repräsentiert das „Kriek Brut“. 6% macht hier der Alkohol aus und mit ebenso hohem Kirschenanteil wurde das Bier auch gebraut. Das klingt wenig, bedeutet aber, dass rund 13 Kilo Kirschen in einem Hektoliter eingebraut werden. „Brut Kriek” setzt wie viele belgische Biere auf gemischte Gärung: Ein gereiftes, braunes Sauerbier (Oud Bruin) wird mit frischem Bier vermählt und reift dann anderthalb Jahre auf den Kirschen nach, die eine zweite alkoholische Gärung, vor allem aber Fruchtgeschmack, mit sich bringen. Und natürlich auch eine besondere Färbung.
Im Glas zeigt das schöne Kastanien-Rot an, dass sich rote und braune Farbelemente – oder eben Früchte und Basisbier – hier gegenseitig geholfen haben. Der kräftige Schaum hat einen leichten Rotschimmer, doch das ist eine optische Sache. Wichtiger ist der Geruch. Er bringt im Glas die schöne Weichsel-herbe Note eines Kriek mit. Aus der Flasche hingegen riecht dieses Liefmans deutlicher nach Joghurt und ein wenig auch nach Sesamkörnern. Die Kohlensäure ist frisch, das Mundgefühl schön cremig und der Fruchtausdruck dreht von Kirschensirup in Richtung bitterer Eindrücke. Im Hall kann man dann auch noch Kräuter erkennen. Wenngleich das gegenüber der Sauerkirsch-Power nur ein schwaches Flackern von Salbei und auch Majoran darstellt. Am Ende ist es die säurige Art, die bleibt. Und bei aller Frucht auch für Erfrischung im Nachtrunk sorgt.
Der arge Geschmack des „Gold-Bands“
Während die Fruchtbiere sicher die internationale Trademark der Brauerei aus Oudenaarde darstellen, ist der Stolz der Brauer ein so genanntes „provisiebier“. Denn der Geschmack des „Liefmans Goudenband” ist praktisch nur provisorisch. Wie Wein reift dieses „Flemish Red“ nämlich nach – und zwar in der Flasche. Auch „Prepper“ werden das Ablaufdatum Oktober 2031 lieben, das unsere 2021 gebraute Flasche trägt.
Der Name („Gold-Band“) der 8% vol. starken Brauspezialität spielt auf die Metallringe an, von denen Bierfässer zusammengehalten werden. Das „Goudenband“ wurde dabei aufgewertet, denn ursprünglich war es als „Ijzerenband“ (=Eisen-Band) bekannt. In offener Vergärung erzeugt, reift das Braunbier bis zu einem Jahr im Keller, ehe es als Frischeinjektion mit jungem Bier gemischt wird. So startet in der Flasche eine weitere Gärung.
Den dunkle Karamell-Ton im Glas kann man gleichermaßen auf die Farbe des Liefmans wie auch auf den Duft beziehen. Denn er erinnert an Stollwerck, die guten, alten Weichkaramellen, wenn die Duftwolke des Sauerbiers nicht dazwischen kommt. Der Geruch von Molke ist ähnlich. Doch die Komplexität dieser Cuvée geht weiter. Dann riecht man etwas Milchkaffee, noch stärker aber Cheddar der jüngeren Reifedauer. Alle diese Eindrücke hat dieses irritierende Bier auch am Gaumen zu bieten. Schwarzbrotsüße und milder Käse werden von einem an Orangensaft erinnernden Touch konterkariert. Die Mächtigkeit auf der einen Seite, die krass dagegen operierende Säure (ein wenig an Rhabarber erinnernd) auf der anderen Seite machen den Reiz des „Goudeband“ aus.
Man merkt, dass sich hier mit den Jahren noch eine reifere, dunklere Aromatik ergeben wird. Dann ist sicher alles kompakter und kann auch Schwarzbiertrinker erfreuen, vielleicht sogar Stout-Fans. Doch gerade die widerstrebenden Komponenten machen das Öffnen dieser Flasche vor der Zeit ebenfalls zum Erlebnis. Zum Vergleich lagern ohnehin noch einige der goldenen „Liefmänner“ in der privaten Bierothek.
Bezugsquelle:
Brouwerij Liefmans, Fruitesse (on the rocks) kostet EUR 2,39 (0,33 Liter-Flasche), das „Brut Kriek“ ist um EUR 3,50 zu haben und das „Goudeband“ um EUR 3,25 – alle drei Abfüllungen sind bei Beerlovers erhältlich, https://beerlovers.at