Eine Auswahl belgischer Biere als Weihnachtsgruss bleibt natürlich nicht lange ungeöffnet. Es war schließlich in Flandern, dass sich die Welt des Gebrauten in all ihrer Vielfalt uns erstmalig eröffnet hat. Und auch die Abschluss-Präsentation für den Diplom-Biersommelier hatte einen belgischen Braustil zum Thema. Vielleicht teilt ja jemand die Leidenschaft, wenn unsere kleine Serie – zwischen den Jahren 2024 und 2025 trinkprotokolliert – zu Ende geht.
Beginnen wird sie jedenfalls in „het foederhuis“, dem Fass-Haus, wie es Nicht-Flamen nennen würden. So heißt die im April 2024 eröffnete neue Braustätte in Roeselare. Dort residiert mit Rodenbach ein Unternehmen, das zum Inbegriff eines komplexen Stils wurde. „Flämisch Rot“ stellt einen Mix aus fass-gereiftem Bier und frisch Gebrautem dar. Im Idealfall ist dieses Bier von den Reifenoten der Reifung im Holzfass (dem „foeder“) ebenso geprägt wie von der Frische des beigegeben Drittels an „jungem“ Bier. So lässt sich die Sauernote des mit Laktobazillus (also: milchsauer) vergorenen 18 Monate gereiften Rodenbachs ein wenig „verdünnen“.
Beide Prozesse – das Basis-Sauerbier, aber auch eine saubere Fass-Reifung – bedürfen vieler Erfahrung. In Roeselare hat man sie nachweislich seit 1820. Selbst eine der beliebtesten Hefen, mit denen Hobbybrauer ihr „Flemish Red“ brauen können, trägt den Namen des westflämischen Städtchens: „Wyeast Roeselare Blend“. Und unter den verschiedenen Bieren ist das „Grand Cru“ von Braumeister Rudi Ghequire immer noch unsere erste Wahl, um den unkonventionellen Stil (Hopfen spielt z. B. gar keine Rolle im Geschmack) Neulingen nahezubringen.
Kastanien-Rot im Glas zeigt an, dass dieses Bier seinen Namen nicht umsonst trägt. Die Noten des Farbmalzes sind attraktiv, aber die Vorfreude wächst auch beim Weichselduft des „Grand Cru“. Apfelmost-saure Duftnoten legen zwar vor, doch je mehr Luft man dem Bier lässt, desto „dunkler“ wird die Aromatik. Erst ist nur Trauben-Nuss-Schokolade zu riechen; im Zeitverlauf aber wird daraus fast eine Bitterschoko-Note.
Die erfrischende Sauerkirsch-Note geht auch am Gaumen schön auf. Eine leichte Fermentationsnote, dazu Trockenfrüchte wie die Orangen im Panettone vor uns (ist ja Weihnachten!) sind zu schmecken. Die Fass-Reifung hat aber neben der Mikro-Oxidation auch ihre Spuren hinterlassen. Ein Alzerl Vanille begleitet den Nachtrunk des „Grand Cru“. Dieses Zusammenspiel aus fruchtigen Anklängen, knackiger Joghurt-artiger Säure und sanfteren Noten macht die Faszination „Flemish Red“ aus.
Die Speiseempfehlung des Braumeisters selbst wäre übrigens Weißschimmel-Käse (u. a. der Ecume de Wimereux aus dem nahen Calais). Aber auch die berühmten Garnelen-Kroketten, auf Flämisch Garnaalkroket genannt, schlägt mijnheer Ghequire vor. Tatsächlich sind Meeresfrüchte und ein bisserl Fett eine gute Kombination zum Rodenbach. Wir erinnern uns immer noch gerne an die Muscheln à la crème, die man uns in Antwerpens Hopfen/Malz-Kathedrale Bier Central auftischte. Die Empfehlung des lokalen Bier-Führers Hans Bombeke saß damals so richtig.
Darauf noch einen Schluck vom Rodenbach!
Bezugsquelle:
Rodenbach, „Grand Cru“ kostet EUR 3,90 (0,33 Liter-Flasche) beim Spezialhändler Beerlovers, https://beerlovers.at