Spanische Weine leitet hier meist ein fast schon Mantra-artiger Satz ein. Dass das Land auf der iberischen Halbinsel nämlich ein Weinplanet für sich ist. Die praktisch landesweit kultivierten Rebsorten kennen selbst Kenner nur in Ansätzen, der Wandel der Struktur in den Weingärten wird hierzulande kaum wahrgenommen. Sich hier als kleiner Newcomer-Winzer bemerkbar zu machen, ist dementsprechend schwierig. Zum Glück sind es auch große Erzeuger wie Casa Roja, Palacios oder eben Juan Gil, die mit ihren Weinen einen Scheinwerfer-Kegel auf Gebiete richten, die nicht Rioja oder Priorat heissen.
Im Falle von Bodegas Juan Gil geht es in die Region Murcia, deren Appellation Jumilla seit über 100 Jahren die Heimat der Gil-Weine darstellt. Die vierte Generation an Weinbauern, namentlich Miguel Gil, setzte das Weingut auch überregional auf die Weinkarten. Der Kellerneubau 2003 und die gut 750 Hektar an den Hängen des Peñarrubia-Höhenzugs bilden die Basis dafür. Mittlerweile erlauben es unterschiedlich alte Reben auch, mit dem Ausdruck des Terroirs dieses recht trockenen Hügellands mit Sand- und Kalkböden zu spielen.
Vielleicht das bekannteste Etikett der Spanier stellt der „Yellow Label“ dar, der als Jahrgang 2021 bei uns ins Glas kam. Er ist ein reinsortiger Monastrell, der aus Weingärten um die 700 Meter Seehöhe stammt. Was die in Busch-Erziehung (gobelet, würden die Franzosen sagen) der Rebstöcke an Trauben hergibt, liegt dann für vier Monate in französischer und amerikanischer Eiche. Das ergibt den Vanille-Duft, der sich über die ausgeprägten Frucht-Düfte des 2021ers legt. Man kann fast eine Stricherl-Liste führen: Dörrzwetschke, Brombeere, aber auch Herzkirschen und etwas Heidelbeere sind zu erschnuppern.
Ähnlich dicht und fruchtsatt legt es das „gelbe Etikett“ am Gaumen an. Reife rote und schwarze Früchte bilden den geschmacklichen Kern. Erneut sind es alle Arten von Beeren, etwas frischer Wacholder leitet dann über zum noch jugendlichen Gerbstoff des Rotweins aus Murcia. Seine 15% vol. legen es nahe, ihn ein wenig anzukühlen, wenn man ihn jetzt schon genießen will. Denn „trotz“ seines Preises hat dieser Gil-Wein auch noch Potential für ein, zwei Jahre im Keller. Dann wird er wohl noch mürber in seiner Art.
Die Überraschung bei den Weinen aus Jumilla stellten aber eine Weißwein-Abfüllung dar. Sie stellen eine klare Minderheit dar, zumal man bei Gil Wines zu 85% die „Leibsorte“ Monastrell kultiviert. Zumindest, wenn es um das Herzstück der D.O. Jumilla geht. Mittlerweile hat man sich zwar mit 11 Weingütern in zehn Regionen kräftig erweitert. Aber auch da geht es mehrheitlich um den Erhalt der alten Anlagen und den Einsatz autochthoner Sorten. Das gilt etwa für den „Juan Gil Moscatel“, der die in Spanien u. a. auch in Malaga verbreitete Sorte Muscat à petits grains pflegt. Der Jahrgang dieses Bioweins duftet dabei einladend wie Pfirsichsaft aus einem Kompott. Auch Holunderblüten und flirrende Süße steigen aus dem Glas.
Im Mundgefühl ist er deutlich schlanker, auch der Birnen- und Apfelmix weist eine eher weißfleischig-jugendliche Natur auf. Das sortentypische „Muskerl“ hat er sich für das blumige Finale aufgespart. Der 2022er aus Jumilla führt so eine feine Klinge, die auch die 13,5% Alkohol am Label ein wenig Lügen strafen. Der Moscatel sollte aber kühl serviert werden, um seine ganze Verspieltheit auch zeigen zu können.
Und dann war da noch der „süße“ von Juan Gil alias „Monsatrell dulce“. Dass die fruchtige Art und der stützende Gerbstoff einen wunderbaren Dessertwein ergibt, signalisiert bereits die Nase: Dörrzwetschke in Rum-Schokolade sorgt für einen intensiven Duft, der ziemlich deutlich an Portwein anklingt. Dem fruchtsüßen Auftakt (inklusive Gewürznelken und Zimt) folgt der schokoladig-schmelzige Mittelteil. „Johannisnuss“, Hollerkoch und eine feine Süße, die nie ganz die Kompottgewürze verleugnen kann – aber nicht von ihnen lebt! – machen ein rundes Mundgefühl aus. Fazit: Das ist ein grandioser Wein zu Blauschimmel der milderen Machart. Aber natürlich schreit dieser Stil förmlich nach Schokoladedesserts, am besten einem Lava Cake!
Bezugsquellen:
Bodegas Juan Gil, Monastrell „Etiqueta Amarilla“ 2022 kostet EUR 10,90 beim Spanien-Spezialisten „Colono Gourmet“, https://colonogourmet.at
Bodegas Juan Gil, Moscatel 2022 ist um EUR 7,15 bei Versandhändler Decántalo zu haben, www.decantalo.com
Bodegas Juan Gil, Monastrell Dulce ist nicht leicht zu finden, in der Regel kostet die 0,375 Liter-Flasche um EUR 15,- herum – Anfragen an das Weingut direkt lohnen: https://gilfamily.es