Der Erstkontakt erfolgte beim Heurigen. Wobei man bei Claudia und Leo Aumann durchaus auch Restaurant sagen kann. Denn die Tribuswinkler Winzer haben einen der schönsten kulinarischen Rahmen für ihre Weine geschaffen. Doch auch, wer nicht zu den dortigen Stammgästen gehört, verbindet als Weinkenner automatisch die Rieden Flamming (weiß, nämlich Rotgipfler) und Harterberg (rot, als Cuvée oder Top-Merlot) mit dem Namen Aumann. Vor allem beim Rotgipfler hat man mittlerweile aber einen schönen Lagenvergleich, denn zur altbekannten Ried Wiege und dem „Flamming“ kam auch die „Ried Rodauner“ in Traiskirchen in den letzten Jahren dazu.
„Zu den jüngsten Lagen unseres Weingutes“, wie es Leo formuliert, gehören aber auch die 8,9 Hektar namens „Bockfuss“. Sie grenzt an die schon bisher kultivierten Rieden „Badener Berg“ und „Wiege“. Vor allem die Morgenkühle durch den nahen Wald täte den Burgundersorten sehr gut, ist man am Weingut von den neuen Riedenweinen mit dem „Bockfuss“ am Label überzeugt. Womit wir auch mit dem Pinot Noir starten. Man läßt den Weinen gerne mehr Zeit; der Jahrgang 2020 ist der aktuelle von diesem Rotwein.
Ganz klassisch zeigt sich die hellrote Burgunder-Farbe im Glas. Auch das kleine „Stinkerl“ steht dem 2020er ebenfalls gut. Dahinter matchen sich Schwarztee und Orangen-Schnitze, ein Anflug von Vanille lässt sich auch argumentieren. Leichtfüßig und mit einem von Beginn an herben Erscheinungsbild lässt sich der Aumann-Burgunder dann am Gaumen an. Die Frucht ist zurückgenommen und erinnert an getrocknetes Weichsel-Fruchtfleisch und Hibiskus. Immer noch präsente Eichen-Würze und im Finale aufscheinendes Tannin legen nahe, mit dem Öffnen des 2020ers noch ein wenig zuzuwarten.
Luft geben ist auch beim „Nachbarn“ von der Ried Wiege angesagt. Hier ist es Jahrgang 2022, den wir trinkprotokollieren. Und der Rotgipfler entfaltet seine Facetten mit jeder Minute mehr. 12 Monate im 500-Liter-Fass und viel Hefekontakt leisteten die Vorarbeit dafür. Zunächst ist da eher die intensive Mischung aus gelben Früchten, die zum Großteil aus fernen Gefilden stammen. Die Schale eine Gelben Apfels hat wenig Chance gegen die starke Präsenz von Banane, etwas Mango und auch Karambol-Frucht. Als Herznoten sind aber auch würzigere Akkorde zu erschnuppern. Etwas Dijon-Senf schwebt mit pikantem Flair über der Frucht. Auch Müsli-Riegel, gepresst aus hellem Getreide (viel davon sogar!) und Nüssen, ist eine zulässige Assoziation bei diesem Rotgipfler.
Der erste Schluck überrascht dann mit seiner extraktsüßen Art. Hier denkt man wirklich an einen tropenfruchtigen Smoothie mit Ananas und Banane. Spannend wird es aber dahinter, denn das, was anderswo schon einen ganzen Wein geschmacklich tragen würde, ist hier nur der Auftakt. Dahinter kommen die erwähnten pikanten Einsprengsel gut durch. Sie prägen den Trinkverlauf, ehe sich im Finale eine neue gemeinsame Sprache findet. Aus der starken „gelben“ Frucht und dem würzigen Hintergrund wird eine Kombination, die an Birnen samt Schale erinnert. Cremig ist dieser „Ried Wiege“, vor allem im Abgang merkt man das erneut.
Die Säure darf hier auch noch einmal auftreten und hat das letzte Wort – gemeinsam mit einem ebenso zarten Gerbstoff. Zusammen sorgen sie für die Freude auf den nächsten Schluck. Auf durchaus hohem Niveau macht dieser Aumann-Wein nämlich auch Trinklaune. Und er ist für Hartkäse der mittleren bis hohen Reife ein herrlicher Begleiter. Das kann man durchaus so sagen.
Bezugsquelle:
Weingut Leo Aumann, Pinot Noir „Ried Bockfuss“ 2020 ist um EUR 22,- erhältlich, der Rotgipfler „Ried Wiege“ 2022 um EUR 19, beide ab Hof oder im Aumann-Webshop, www.aumann.at