Es war ein heiterer Abschied, den Walter Kirnbauer als Obmann der DAC-Weingüter des Mittelburgenlands nahm. Denn mit dem in der Aula der Wissenschaften vorgestellten Jahrgang 2017 konnte die Region zeigen, wofür sie steht. Genauer gesagt sind es zwei Stile, die wir auch gesondert beleuchten werden. Denn während der eine die puristische Variante mag (und da auch Säure und Kanten des Blaufränkisch mitkauft), ist anderen die samtigere Ausbauart lieber. Die Rückkehr zu der ungeschönten Art war aber unübersehbar – und sie ist keineswegs den jungen Wilden vorbehalten. Doch mit ihnen und ihrer im wahrsten Sinn des Wortes erfrischenden Sorten-Interpretation wollen wir die zweiteilige Serie eröffnen.
Lisa Pfneisl hatte einen neuen Blaufränkisch mit, der aus der Ortschaft Girm (der Unterschied zum Nachbarort „Kreitz“ – Deutschkreutz – ist den Bewohnern hier seeeehr wichtig) stammt. Der „Ried Girm-Kirchberg“ bringt 2017 einen würzigen Charakter mit, der über die üblichen Blaufränkisch-Düfte hinausgeht. Fenchelsaat, Bockshörndl (Carob) und sogar Dulse-Algen waren über dem Sauerkirsch-Gerüst zu erriechen. Am Gaumen ist er aktuell ein leiser Vertreter der Sorte, alles wirkt fein ausbalanciert – die Beeren-Kirsch-Frucht und die dezente Säure werden von dunklen Gewürznoten begleitet. Ein wunderbarer Alltagswein vom Weingut Pfneisl, den man gerne heuer schon zum Gansl genießen darf!
Wie Lisa Pfneisl stellt auch Teresa Schumitsch die „next generation“ dar, von der DAC-Obmann Kirnbauer schwärmte. Denn praktisch alle Betriebe haben einen Nachfolger bzw. im Fall des Weinguts Schumitsch-Stocker eine Nachfolgerin aus der eigenen Familie. Die „Liszt-Cuvée“ der Raidinger Winzerin stellt dabei einen Blend aus 50% Cabernet Sauvignon und 50% Blaufränkisch dar. Sandelholz, merklich auch Eukalyptus, und natürlich der Weichsel-Ton des heimischen Reb-Partners stehen hier am Beginn. Auf diesen Duft folgt ein geschmeidig-runder Gaumen-Eindruck, die natürliche Auslese durch den harten Jahrgang 2016 hat den verbliebenen Rest zu sattem Ausdruck verholfen. Das wird von der Frische dieses Weins positiv konterkariert, das Finish setzt mit einer Art Schoko-Streusel-Aromatik noch einen Glanzpunkt. Ein toller Allrounder – oder, um es Liszt-ig zu sagen: diese Cuvée spielt auf mehreren Klaviaturen.
Einen Geheimtipp gibt es von Schumitsch-Stocker auch zu vermelden: Wer Zweigelt aus dem Mittelburgenland mag, ist mit der 2015 Reserve gut bedient: Rauchig unterlegte Dörrzwetschke in der Nase und ein ausbalanciertes Würze-Frucht-Spiel, das mit schwarzem Pfeffer und Espresso ausklingt, ergeben einen Sortenvertreter jenseits marmeladiger Frucht. Auch preislich eine Entdeckung!
„Er soll ja nicht zu breit und weich werden“, formulierte Burgi Wieder das stilistische Ziel bei der DAC Reserve „Glimmerschiefer“. Der Wein bereichert das Weingut aus Neckenmarkt noch nicht so lange, kann aber als der prototypische Blaufränkisch der Probe gelten: Typisch nach Sauerkirsche, aber auch Nougat und schwarzen Oliven duftet dieser Wein. Die alte Rebanlage „reguliert sich weitgehend selbst“, so Wieder (kl. Bild rechts) – man hat aber auch im Keller auf Eingriffe verzichtet. Leicht getoastete, große Holzfässer mit 500 Litern beherbergen den Blaufränkischen, der so den Lagencharakter wirklich behalten hat, aber auch mit der Frische der Rebsorte prunkt. Das Ergebnis ist von säurigen Akzenten am Gaumen geprägt; der jugendliche Gerbstoff erinnert an Moosbeeren. Allerdings ist dieser rotfruchtig-frische Ungestüm hier nicht alles, vor allem im Finale setzt feine Würze ein. Thymian und Estragon sorgen für eine fast vibrierende Art, mit der der 2017er „BF“ ausklingt .
Der Vergleich mit dem ersten Jahrgang des „Glimmerschiefer“ macht dann sicher. Der 2015er zeigt mehr Holz-Noten, insgesamt ist er dunkler in der Aromatik als sein 2017er Pendant, wenn er auch aktuell in feinerer Trinkreife dasteht. Dennoch: Der Schritt zum nahezu naturbelassenen Ausdruck der alten Reben mit den neutraleren 500 Liter-Fässern war goldrichtig!
Bezugsquellen:
Weingut Pfneisl, Ried Girm-Kirchberg 2017 ist um EUR 11 ab Hof erhältlich, www.weingut-pfneisl.at
Weingut Schumitsch-Stocker, Liszt-Cuvée 2016 kostet EUR 11 ab Hof, der Zweigelt Reserve EUR 10, www.lisztweine.at
Weingut Juliana Wieder, Blaufränkisch Reserve „Glimmerschiefer“ 2017 kostet EUR 15 ab Hof bzw. im Web-Shop, www.weingut-juliana-wieder.at