Lange haben wir nun im Fundus gekramt. Doch das eine, das entscheidende Bild wollte sich nicht finden. So wie es oft ist mit den nur mehr elektronisch vorhandenen Erinnerungen. So gibt es nun keinen Beleg, wie wir als Teil der „Duck Crew“ (ja, wir waren jung und trugen Entenköpfe!) vor sieben Jahren den Karneval von Port of Spain aufmischten. Der Klang der unzähligen „tamboo bamboos“ ist uns aber noch im Ohr vom frühmorgendlichen Tanz rund um den berühmten Queens‘ Park der Hauptstadt von Trinidad. Wenn dann die berühmte Destillerie des Inselstaats ihre neue Abfüllung nach dem „Tamboo“ benennt, will man das als Karneval-Veteran natürlich kosten. Wegen der Erinnerung wär’s!
Doch ein bisschen Angst schwingt auch mit, denn der Neuzugang im Portfolio der Brenner aus Laventille ist ein „Spiced Rum“. Notorisch für viel Süße, als Kategorie ziemlich gesetzlos und gern künstlich aromatisiert, hat diese Variante eines „gewürzten“ Rums alle Anlagen zum Hirnpreller, wie man das im Alpenvorland nennen würde. Das muss zwar nicht sein, denn auch natürliche Geschmacksgeber haben Tradition in der Karibik – vom Allheilmittel der Dominikan. Republik namens Mamajuana bis zu den kreolischen Rumtöpfen alias Rhum arrangés. Wie aber legt man ihn in einem Haus an, das geradezu sprichwörtlich für Bitters ist? Die in praktisch jeder Bar der Welt zu findenden „Angostura Bitter“ tragen übrigens auf jeder Flasche ein Bildchen Kaiser Franz Josefs. Monarchisten finden es sogar auf dem 4.000 Liter-Tank in der Brennerei, die wir zum Glück noch nicht Karnveal-wunden Füßen betraten. Sie merken schon: Wir spielen auf Zeit und schreiben so dahin, um nicht gleich in die vermutlich süße Gewürzwolke in unserem Glas eintauchen zu müssen.
Sei’s drum, so riecht der neue „Tamboo“, der in Österreich 2024 übrigens auch mit einem neuen Importeur (dem Wiener Traditionshaus Ammersin) startet: Wie bei vielen Spiced Rums nimmt eine Duftnote schon den beliebten Mix-Partner vorweg: Coca Cola. In diesem Fall ist es eine bereits mit Zitrone versehenes Cola, an das der intensive Geruch erinnert. Wer sich noch an die „Zitronen-Schnitten“ von Manner erinnert – auch daran darf man denken. Denn auch Vanille und ein kleiner Anteil Waffelgebäck schwingt hier in der Nase mit. Im Hintergrund kommt auch immer wieder das leichte Bubble Gum-Aroma von Erdbeeren durch, allerdings ist auch stets der Rum als Duftspur präsent. Eventuell haben wird einmal einen gar nicht sooo süßen „Spiced“ vor uns?
Wir werden sehen! Der Kostschluck lässt anfangs gleich einmal die Muskeln der 40% vol. spielen. Der Gewürzanteil legt erst am Ende der satt und Kakao-dunkel wirkenden Rum-Noten einen Zahn zu. Es ist in der Tat ein überaus seriöser Vertreter der Kategorie geworden, der im Gegensatz zu etlichen süßen Kollegen locker als echter Rum durchginge. Mit einem fast medizinalen Ton, wenn man den „Tamboo“ länger auf der Zunge rollt, hat er sogar ein ziemliches Alleinstellungsmerkmal. Kardamom ist zu schmecken, auch etwas Piment, doch wo die fast schon wurzelig schmeckende herbe Tönung herkommt, kann man nur mutmaßen. Für die Bar steht jedenfalls fest, dass man einen guten Kandidaten für einen Rum-Negroni oder Manhattan gefunden hat. Die von Angostura selbst empfohlene Mischung mit tropischen Säften zum „Fruit Punch“ stellt immer eine Option dar. Denn auch da hält der „un-süße“ Gewürzrum ziemlich gut dagegen. Eine Überraschung zu Jahresbeginn!
Bezugsquelle:
Angostura, „Tamboo – Spiced Rum“ ist um EUR 23,90 (0,7 Liter-Flasche) im Webshop „Spiritlovers“ erhältlich, https://spiritlovers.at