„Du bist doch Vegetarier….” – ein Brief aus Dänemark steht am Beginn einer spanischen Weinerfolgsgeschichte. Vor 40 Jahren sollte die Region Penedés 8.000 Liter Bio-Wein nach Skandinavien liefern. Ratlosigkeit, so erinnert sich Josep Maria Albet i Noya, machte sich breit unter den Winzern. Er selbst hatte dem Tod seines Vaters mit der Gewohnheit der Hausschlachtung gebrochen und „vegetarisch“ und „bio“ schien damals gleich obskur, erzählt er die Vorgeschichte. Sein Weingut war Teil einer Tour zu den wichtigsten katalanischen Produzenten, die sich bei der Messe Alimentaria in Barcelona 2018 präsentieren.
Also begann Albet i Noya damals mit dem organischen Weinbau, für den man heute als Aushängeschild schlechthin fungiert. Wohlgemerkt in Katalonien und dem Ausland, denn nur 3% der gut eine Million Flaschen aus dem Örtchen Subirats geht nach Spanien. Mit 80% Exportanteil zählt die auf autochthonen Sorten der Region fussende Produktion der Bio-Pioniere zu den Aushängeschildern des katalanischen Weinbaus.
Der Mann mit dem Pferdeschwanz arbeitet heute mit seinem Sohn Martí Albet an einem der spannendsten Projekte, nämlich dem Kreuzungsversuch aus spanischen Trauben wie Garnacha, Macabeu oder Tempranillo (für Katalanen: Ull de llebre) und pilz-resistenten Sorten („Piwis“) aus der Schweiz. „Das wird etwas für die nächsten Generationen“, bleibt man dem Pioniergeist treu. 2.000 gekreuzte Varianten hat man auf 25 reduziert im Versuchsweingarten von Subirats. Sie müssen nun den Test bestehen und über Jahre verlässliche Ernteergebnisse zeitigen. 2015 soll es die ersten Weine geben, die dann lokale Sorten mit genetisch begründeter Widerstandsfähigkeit gegen Mehltau und Oidium darstellen. Bei Albet i Noya hat man es nicht eilig, man weiß aber, dass man am richtigen Weg ist.
Im Beton-Ei statt im Cava-Keller: Fanio 2016
Das Experimentieren liegt den Winzern bis heute, sichtbarster Ausdruck beim Rundgang ist der „Fanio 2016“, ein Wein von den windgepeitschten Terrassenlagen, die seit 1948 mit der lokalen Sorte Xarel-lo bestockt sind. Die alten Reben bringen mineralische Frische, doch der Wein, den wir mit Josep Maria Albet i Noya verkosten, läßt sich nicht auf diese Bodengegebenheiten für die 69 Jahre alten Weinstöcke reduzieren. Er überrascht mit einem ganz eigenen Charakter, denn normaler Weise kennt man die Sorte allenfalls als Bestandteil im Schaumwein Cava. „Wir entdecken ihn selbst gerade als Wein“, übt sich Josep Maria in Bescheidenheit. Beim Ausbau vermischt er zwei Chargen; 60% der Ernte reift im Akazien-Holzfass, der Rest in 600 Liter fassenden Beton-Eiern.
Das Ergebnis duftet nach Kirschblüte und weiteren Blüten, der florale Gehalt ist ganz dezent, auch zarte Pfirsich-Noten entschlüpfen dem Kostglas. Leise, fast neutral, beginnt der Xarel-lo auch im Mund. Ein wenig Nektarine, kühl und zart säurig, macht den Auftakt. Dann aber wird der „Fanio“ immer präziser. Seine zart buttrige Struktur wird nicht von der üblichen Vanille der Fasslagerung begleitet, sorgt aber für ein sattes Mundgefühl. Statt Schwere folgt aber ein an Pink Grapefruit erinnernder Zug auf diese dosierte Kraft. Hier dreht sich einiges um. Die Zitronen-Keks-Aromatik im Finish folgt einer breiteren Anlage und nicht umgekehrt. Der Wein wird nicht lascher, er frischt nach „hinten hinaus“ auf. Wenn man so will, ist das der flüssige Ausdruck einer architektonischen Besonderheit am Weingut. Die Weinstiege, escala del vi, zeichnet im gut besuchten Winzerhaus den Weg der Trauben künstlerisch nach.
Bezugsquelle:
Albet i Noya, „Fanio“ 2016 ist um EUR 14,90 beim Bregenzer Händler „Weinzeit“ erhältlich, www.weinzeit.at