Es war eine Nachricht, die heute wie aus einer anderen Welt klingt. Dabei ist der 28. April 2017 noch nicht so lange her. Damals war Dr. Pamela Rendi-Wagner noch Bundesministerin für Gesundheit und Frauen und musste einen skurrilen Streit per parlamentarischer Anfrage entscheiden. Kurz davor war der „Heu-Schnaps“ des Wirts der Gamskogelhütte am Kärntner Katschberg behördlich beanstandet worden. Das Ausgangsmaterial könnte Giftstoffe enthalten, weshalb Peter Aschbacher die restlichen 30 Liter des Brands vernichtete. Aber: Ist Heu ein Lebensmittel?
Diese Frage war damals umstritten, doch „die Zusammensetzung variiert von Standort zu Standort und sogar saisonal, jede Charge kann somit eine andere Zusammensetzung haben und damit auch Giftpflanzen in unkontrollierter Form enthalten“. Von Amts wegen war also klar, dass „eine gleichbleibende Qualität vom Lebensmittelunternehmer nicht garantiert werden kann“. Das alles suchten wir wieder heraus, kaum dass die Meldung vom „ersten Bio-Heu Wodka des Landes“ an unser Ohr drang.
„Wir verwenden sieben ausgewählte Kräuter, welche von einem zertifizierten Bio-Kräutersammler einzeln per Hand geerntet und anschließend getrocknet werden“, gibt David Prott Entwarnung für seinen Haìdi. Der steirische Wodka des Machers der Marry-Eistees nutzt eben „kein undifferenziertes Heu“, sondern eine Kräutermischung. Konkret sind es Löwenzahn, Labkraut, Margarite, Schafgarbe, Glatthafer sowie Wilde Möhre, Einjähriges Rispengras und Quendel aus dem südsteirischen Sausal. Diese „Botanicals“ werden dann zwei Tage in Weizen-Wodka mazeriert. Haìdi greift auf einen versierten Gin-Brenner, den Erzeuger von Aeijst, Wolfgang Thomann, zurück.
Wenn die Erwartung bei dieser Expertise und Machart – Kornbrand und „Botanicals“ – in Richtung Gin geht, enttäuscht sie der Haìdi: Das Getreide kommt anfangs mit einem Schwall trockener Frühstücksflocken durch. Man sollte dem Steirer allerdings Zeit geben. Dann legt anfangs vor allem die Frische (nasser Gras-Schnitt) zu, dann auch die florale Qualität. Ab und an blitzt getrockneter Lavendel auf, doch die Kühle des Destillats bleibt immer gewahrt. Auch die eigentliche Heu-Note, die von Cumarin stammt, einem an Kreuzkümmel erinnernden Stoff, ändert daran nichts. Das alles wird von einem Grüntee-farbigen Schimmer im Glas begleitet, was insofern passt, als man ganz entfernt auch an den Kräuterlikör Chartreuse denkt. Nur, dass wir es hier mit weniger Alkohol (konkret: 40 %) und auch Süße zu tun haben.
Während das Mundgefühl wunderbar cremig ist, kommt zu den minzigen Noten auch ein Touch Anis dazu, der an guten Pastis erinnert. Dieser mitunter auch als „Medizin-artig“ beschriebene Touch lässt sich mit Wasser sogar steigern. Lang und (bei aller Kenntlichkeit als Wodka) recht kräutrig ist auch „Haìdis“ Hall. Womit sich – neben dem durchaus angenehmen Einsatz pur – die Frage nach der Mixability stellt. Orangensaft sollte man bei diesem Brand nicht nehmen, auch wenn Wodka draufsteht. Statt dem „Screwdriver“ tendieren wir persönlich zur „Skinny Bitch“, dem spät-sommerlich frischen Mix mit Sodawasser. Ein Schnitz Zitrone schadet nicht.
Alternativ könnte man in Südfrankreich eine Anleihe nehmen und eine „Mauresque“ anrühren. Das ergäbe dann die „Maurische Haìdi“ und würde mit Mandelsirup leichte Süße einbringen – verlängert wird mit Wasser. Oder natürlich mit einem Eistee, rät Macher David Prott.
Bezugsquelle:
Marry, Bio-Heuwodka „Haìdi“ kostet 48 Euro (0,5-Liter Flasche) im Webshop der Eisteemacher, www.marryicetea.com