Mit dem Whisky haben die Japaner vorgezeigt, dass sie nicht nur Elektronik kopieren können. So geht die ebenso einfache wie falsche Erzählung vom Aufstieg des Whisky made in Japan. Doch gebrannt wird der schon seit den 1930ern, auch wenn das die Europäer erst seit zehn Jahren wahrnehmen. Der Weg ist aber ein durchaus eigenständiger, was nicht zuletzt die eigenständige Reifung in mizunara-Eiche unterstreicht. Und einen ebensolchen Alleingang legt die Inselwelt nun beim Gin hin.
Mit Roku, dem allseits gelobten Gin mit sechs japanischen Aromagebern (botanicals) wie Kirschblüte, Sancho-Pfeffer und Yuzu, hat es vor drei Jahren – wieder aus rein eurozentristischer Sicht – begonnen. Suntory hat nach seinen Whiskys diesen in jeder Hinsicht markanten Brand in der sechseckigen Flasche exportiert. Und fast zeitgleich gingen auch die ersten Flaschen von „Ki No Bi“ ins Ausland. Die Brennerei dazu nennt sich Kyoto Distillery und nimmt als Basis-Alkohol Reis. Vor allem wurde sie aber 2014 als eigene Gin-Brennerei von David Croll, Noriko Kakuda Croll und Marcin Miller gegründet. Seit wenigen Wochen sind die Gründer aber nicht mehr allein – die globale Nummer 2 der Spirituosen-Welt hat sich eingekauft. Pernod-Ricard glaubt an eigenständige Gins aus verhältnismäßig „exotischen“ Herstellerländern, das hat man schon mit dem Ankauf von Deutschlands Überflieger Monkey 47 bewiesen.
Mit ihm landet „Ki No Bi“ auch in einer Business Unit. Was den Scheinwerfer-Kegel der Durstigen nun aber endgültig auf die Flüssigkeit selbst richtet, die da in Kyoto von Alex Davies gebrannt wird. Getreu dem Namen des Gins – übersetzt als „Schönheit der Jahreszeiten“ – kamen auch hier die japanischen Botanicals zum Einsatz. Als Zitrusfrucht hat man die Yuzu, aber auch Shiso-Kresse, Sansho-Pfeffer, Bambusblätter, Zypressenholz-Chips (hinoki) und Gyokuro-Tee werden einzeln ausgelaugt (mazeriert) und gebrannt. Der „Ki No Bi“ ist das Ergebnis des Blends der Aromagruppen Zitrus, Tee, Kraut, Würze und Blüten.
Die besagten Zitrus-Noten der Yuzu kommen im Duft des Kyoto-Gins in der Tat glasklar durch, aber auch der Wacholder ist – Exot, hin oder her – deutlich präsent. Gut so! Allerdings mengt sich in die Frische und den herben Gewürzduft auch eine zarte süße Spitze, die man analytisch schwer festmachen kann. Sie findet sich auch am Gaumen wieder. Dort setzt sie den Auftakt, dem Schwarzer Pfeffer und eine deutliche Würze folgen. Im Kern sind es wiederum Zitrusfrüchte wie Blutorangen, die um die „spicy“ Noten kreisen. Aus ihnen sind noch Ingwer und Kurkuma zu erschmecken, die das Finale lange ausklingen lassen. Hier trägt natürlich auch der höhere Alkohol diese würzige Kraft gut in den Abgang: 45,7% sind eine feine Basis, um darauf einen „G&T“ zu bauen.
Und wer schon an den japanischen „Gin&Tonic“ denkt: Da ist der Ki No Bi bestens aufgehoben, gerne auch mit einem fruchtigeren Tonic Water . Naheliegend wäre etwa „Oriental Yuzu“ von Fentimans. Noch kräftiger ist übrigens der „Ki No Sei“ mit seinen 54,5 Volumsprozent; er weist im Test starke Fruchtkomponenten (Orange und einen Hauch Johannisbeere) auf und hat ein sattes, würziges Finish zu bieten. Für Tee-Fans sei noch der Dritte aus der Kyoto Distillery erwähnt. Er nennt sich „Kin o Tea“ und nutzt einen Blend der für ihre Tees berühmten Uji-Region (Gyokuro und Tencha). Er ist süßer und bringt vor allem vorneweg satte Grüntee-Noten, während das Finish eher an Wodka erinnert. Und wer weiß: Vielleicht ist 2030 dann Wodka aus Japan das große Ding?!
Bezugsquelle:
Ki No Bi, Kyoto Dry Gin kostet EUR 45 (0,7 Liter-Flasche) beim Weisshaus-Shop, www.weisshaus.at