Die Craft-Beer-Revolution kam aus dem Westen (der USA). Der nächste Stop der Bewegung gegen die uniformen Industriebiere war erstaunlicher Weise Italien. Mittlerweile gibt es – etwa in Rom oder Palermo – eigene Bier-Karten, die die Brau-Champions des „Stiefels“ feiern. Einer der ersten, der diesen Trend anführte, ist Teo Musso, der mit seiner BALADIN-Brauerei nach wie vor die Avantgarde der mittlerweile knapp 1.000 italienischen Klein- und Spezialitätenbrauer darstellt.
Sein Herold in Wien ist Peter Roggenhofer, also known as: Il Barolista, der etwa das Weihnachtsbier Leon (also NOEL umgekehrt gelesen, geschmacklich von viel Kaffee und Lakritze geprägt) in seiner Piemontesischen Botschaft im zweiten Hieb führt. Die formschönen 0,75 Liter-Flaschen reihen sich gut ins Sortiment der Barolos ein, denn sie sind komplex und tiefgründig, in Teos Worten „Birre di divano“, Divan-Biere, die Zeit brauchen. Zudem sind alle Biere unfiltriert, unpasteurisiert und damit komplett naturbelassen.
Bestes Beispiel für die Couchbiere ist der Barley Wine (14% Alkohol) mit dem unaussprechlichen Namen Xyauyù. Im Duft nach Steaksaft, Pumpernickel und Sojasauce ruft es „umami“, wie die Japaner reichhaltig als Geschmackrichtung nennen. Dicht und süß wie eine Portwein-Reduktion kommt das 2011 gebraute Bier mit der „ewigen“ Lagerfähigkeit am Gaumen. Wie eine hocharomatische „Glaze“-Mischung für Ripperln schmeckt das bewußt im Solera-Verfahren oxidierte Bier, auch Dörrzwetschken sind da, die nicht vorhandene Kohlensäure sorgt für eine weitere Verstärkung dieses satten Geschmacks.
Reis-Bier aus Edelfässern
Wem das zu wenig Piemont-Bezug ist, darf es mit dem Terre versuchen. Hier kommt der berühmte schwarze Reis aus Vercelli – natürlich im Piemont – zum Einsatz. Ausgebaut wird das Bier in Barriquefässern der italienischen Winzerelite u.a. von Sassicaia, Donnafugata oder Marchesi Di Barolo. Diese gesuchten Rotwein-Gebinde erklären auch den Preis des Edelstoffs: Balsamessig, etwas Cognac, oder eher Weinbrand-Pralinen, dazu Pumpernickel sind die Duftnoten des dunklen Bräus. Der süße Beginn im Mund wird zu einer immer mehr an Sherry gemahnenden Nussigkeit, in der Folge entspinnt sich ein schönes Spiel zwischen der Süße und den säurigeren Aromen, auch eine recht frische Säure gibt dem 11,5% Alkohol starken Terre eine gewissen Süffigkeit mit. Großer Stoff, nicht nur für den Diwan!
Beim Open hingegen, dem ersten Open Source-Bier (Rezept hier abrufbar), kommen auch Einsteiger auf den Craft Beer-Geschmack. Und das nicht nur, weil Baladin hier 0,33 Liter-Flaschen anbietet, sondern auch geschmacklich: Quittenkäse und Orangenzeste, ein Hauch Mango und Bockshornklee verströmen einen Duft, der an die indische Küche denken läßt. Saftige Tropenfrüchte perlen dann über den Gaumen, Marille und eine Intensität, die an ACE-Vitaminsaft denken läßt, sind ebenfalls Assoziationen, die aber von eine guten Säurestruktur begleitet werden. Im Nachtrunk meldet sich die relativ milde Bittere des „Rock ’n Roll“-Biers, wie Musso das Open auch nennt. Wenn man Einsteigern die italienische Craft Beer-Szene, ach was: Kreativbier insgesamt, nahebringen will, empfiehlt sich der Griff zu Baladin.
Bezugsquelle:
Baladin, „Leon“, ist um EUR 11,90 erhältlich, die Divan-Biere „Xyauyù“ und „Terre“ um 29,90 bzw. 25,90 (jeweils in der 0,75-Liter-Flasche), das „kleine“ Open (0,33l) gibt es um EUR 4,90 – alle beim Piemont-Experten „Barolista“, www.barolista.at