Die große Tradition der Weihnachtsbiere gehört überraschender Weise nicht so richtig zum Alpenraum. Man merkt das, hat man einmal das Kerst Bier Festival im belgischen Essen besucht. Diese Leistungsschau der europäischen Weihnachtsbiere ist ein Aufmarsch der nordischen Brauer – von Schottland bis Finnland – im Turnsaal des Orts. Was aber nicht heißt, dass nicht auch hierzulande winterliche Biere eingebraut werden. Auch wenn der Osterbock vermutlich mehr Freunde hat unter den Biertrinkern. Aber lassen wir das Spekulieren. Wenn eine Traditionsbrauerei wie jene von Stift Schlägl im obereren Mühlviertel ihren Doppelbock ansticht, dann interessiert uns das nämlich immer. Egal, was der Kalender sagt.
Zumal die Brauerei der Prämonstratenser Chorherren mit dem Gründungsjahr 1580 auch in Sachen Bockbier eine lange Geschichte aufweist. In Aigen-Schlägl wird der Starkbier-Anstich normaler Weise auch zelebriert, was 2020 natürlich nicht in gewohnter Form möglich war. Doch zum Glück ist im neuen Web-Shop des Stifts das mit 19,3° Stammwürze und 8,5% vol. von Braumeister Reinhard Bayer eingebraute Bier bundesweit erhältlich. Und was soll man sagen? Es ist die Bock-Edition 2020 ist geeignet, so manches Vorurteil – zu schwer, zu süß, zu eindimensional…. – einfach wegzuwischen wie den Bier-Schaum von der Oberlippe.
Perfekt goldbraun – wie die ideale Schnitzelpanier – fällt die Farbe im Glas aus. Der Schaum bleibt schlank, führt so aber schnell zur Hauptsache des Doppelbocks: dem Malz. Sein Duft ist als Laugengebäck präsent, etwas Honig schwingt auch mit, wobei immer das Getreide die Oberhand hat. Wirklich süß duftet hier nichts. Dazu kommen fruchtige Einschläge, etwa nach Dörrmarille, und auch ein Hauch Tonkabohne.
Der Antrunk hat mächtig Power bei diesem Stiftsbier; wieder wurde die Süße hintangehalten. Der Malzkörper ist ausgeprägt, aber zwei Faktoren verleihen dem mit 8,5% Alkohol gefüllten Bock auch eine gewisse Leichtfüßigkeit: Da wäre die Kohlensäure, die zwar zart ausfällt, aber durchaus lebendig ist. Und auch der Hopfen wurde gut ausgewogen. Lässt man das Adventbier länger über den Gaumen rollen, wird nicht nur die Malz-Note würziger, auch die herben Noten im Finish sind markanter.
Vom Getreide geprägt ist der Schlägler Neuzugang, aber auch Frucht ist vorhanden, die bittersüße Kumquat etwa entdeckt man im cremigen Mundgefühl des Doppelbocks. Wer die weihnachtlichen Starkbiere immer als saisonale Solisten gesehen hat, sollte nachschenken: Denn dieser Mühlviertler Bock passt exzellent zu einer Vielzahl an Essen. Rauchige oder pikante Noten komplementieren die Malzigkeit nämlich vorzüglich!
Bezugsquelle:
Stiftsbrauerei Schlägl, „Doppel Bock“ 2020 ist um EUR 2,- (0,33 Liter-Flasche) im Web-Shop der Brauerei erhältlich, www.stiftsbrauerei-schlaegl.at