Und wenn es mit Heizschwammerl im Freien ist! Die italienische Weinkultur wird weiter auch in Wien Station machen, ist der Anti-Corona-Vorsatz von Marina Rebora und Christian Bauer. Das machte die – mit Abstand, aber indoor an Tischen gehaltene – Master Class des „Weißweins vom Gardasee“ klar. So vermarktet sich der Lugana, der in den letzten Jahren allmählich seinen Status als Geheimtipp und allenfalls Touristen-Mitbringsel ablegt.
Es ist ein Wein, der wie so oft in Italien nicht nach seiner Rebsorte heißt. Turbiana nennt man den lokalen Trebbiano, doch beim consosorzio, dem Winzerverband, legt man Wert darauf, dass es eine besondere Spielart des Trebbianos ist. Ebenfalls speziell ist die Ausdehnung des Lugana DOC-Gebiets, das die Provinzgrenzen zwischen Lombardei und Veneto überschreitet. Der Status der Herkunftsbezeichnung DOC geht auf das Jahr 1967 zurück, womit man in der Lombardei auch die älteste „denominazione d’origine controllata“ vorweisen kann.
Es gibt zwar auch einen Ort namens Lugana, doch die berühmteste Anbaugemeinde bleibt Sirmione, das schon in Catulls carmen 31 als „Augenstern aller Inseln und Halbinseln“ gepriesen wurde. Hier kann man quasi auch in Lugana baden, denn es gibt einen Strand namens „lido di Lugana“. Das alles erfährt man, während Ambra Berardi und Andrea Bottarel in Bitzingers Vinothek die Weine aus ihrer Heimat einschenken.
Der seit zehn Monaten amtierende Geschäftsführer der DOC-Region hatte zwar auch eine „Riserva“ des Lugana mit, doch „dieser reifere Stil macht vielleicht 2-3% der Gesamtproduktion aus“. Denn eigentlich sollte man Lugana jung trinken. Das zeigte auch die Runde der 2019er Jahrgänge, die allesamt großen Trinkspaß machten. Etwa der Cà Maiol, dessen Würze zeigte, welche Mineralik in dem an sich eher flachen Südufer des Gardasees steckt. Kümmelbraten, viel Apfel – eines der Hauptaromen der Sorte Turbiana – und auch geriebener Kreuzkümmel legten im Duft vor, dass man bisweilen an einen Mohn-Cräcker dachte.
Doch der 2019er aus Desenzano del Garda performt auch am Gaumen: Wieder ist da die würzige Ader, die an Cumin erinnert, aber auch die Frucht legt an Frische noch ein Schäuferl nach. Das Mundgefühl bringt fast die klare Zitrusfruchtigkeit von Schaumwein mit, obwohl der Lugana natürlich nicht moussiert. Aber es ist ein „palate cleanser“, der mit seinem limettig-forschen Finale erfrischt. Viel Struktur, wenig Kitsch – und das alles in einer Aromatik, die gänzlich eigenständig ist.
A propos eigenständig: Auch die Geschichte hinter der Azienda Agricola Ca‘ Lojera ist ganz speziell und erklärt auch das Weingutslogo, das einen laufenden Wolf zeigt. Denn die wilden Tiere sollen die Schmuggel-Lager bewacht haben, die sich einst da befanden, wo heute das 14 Hektar-Weingut der Familie Tiraboschi steht. Aus dem „Haus der Wölfe“ kommt ein 2019er, der prototypisch die bisher gelernten Lugana-Aromen bündelt: Zarte Tropenfrucht-Düfte (vor allem Passionsfrucht), dazu frischer und knackiger Apfel, den man fast zu greifen scheint, und das „Nusserl“ als weitere Signatur der Rebsorte.
Reif und vollmundig legt sich der mit 13% Alkohol an der Obergrenze des Lugana firmierende Wein auf den Gaumen. Die Eindrücke erinnern an Apfelmus – wenn auch ohne Süße und Gewürze. Ab der Gaumen-Mitte gesellt sich ein herber Zug dazu. Den Ausklang würzen etwas geriebene Mandeln und Grapefruit zugleich.
Wem dieser Stil gefällt, findet alles einen Tick größer und lauter beim 2019er Lugana aus dem Hause Zenato. Als einer der größten Produzenten in der Region hat das 75 Hektar-Weingut mehrere Ausprägungen im Angebot, darunter auch den Schaumwein vom Lugana. Die nächste Generation, Alberto und Nadia Zenato, bringt in der Azienda Agricola Santa Cristina einen hochwertigen 2019er in die Flasche. Markante Maracuja-Noten leiten eine schon fast Sauvignon-eske Nase (ohne jeden grünen Ton!) ein. Auch an Mandel-Baiser erinnert der fruchtig-liebliche Duft, der mehr Süße erwarten lässt. Dabei zeigt der Gaumen zwar saftige Frucht-Expression, vor allem wieder von Passionsfrüchten, doch er verweigert sich jeder Süße. Da ist der Gerbstoff vor! Denn den tollen Zug zum Tor entwickelt dieser Lugana vor allem mit seinem Zitruszesten-befeuertem Finale. Wie eine Limettenschale klingt er aus und macht Lust auf den nächsten Schluck!
Bezugsquellen:
Cà Maiol, Lugana 2019 ist um EUR 12,95 in allen Wein&Co.-Filialen bzw. online erhältlich, www.weinco.at
Ca’Lojera, Lugana 2019 ist um EUR 12,50 beim Weinhandel Gottardi zu haben, www.gottardi.at
Zenato Santa Cristina, Lugana 2019 ist um EUR 11,21 beim Spezialisten Superiore zu haben, www.superiore.de