Bekannte Gesichter, wohin man schaut – das gehört zu Weinpräsentationen. Doch man wartet auch bei den vertrauten Winzern auf Neuigkeiten. Gawein Bruckner kennt diese Erwartungshaltung, nicht von ungefähr führt er mit seinen Weinen aus Portugal eines der überraschendsten Weinländern im Portfolio (und kämpft für dessen Akzeptanz im Zu-Früh- und Von-daheim-Trinker-Land Austria). Und so sorgte seine Jahrgangspräsentation, die zugleich unter dem Motto „20 Jahre – 20 Freunde“ das Firmenjubiläum darstellte, für neuen Wind aus bekannten Rieden. Passte auch gut zu einer denkmalgeschützten Disco-Location wie dem Volksgarten-Pavillon!
Ein gutes Beispiel dafür stellt Ingrid Groiss mit ihren Weinen dar. Irgendwie hat man das Gefühl, wenn man die Weinviertlerin auch nur eine Zeit aus den Augen lässt, kommt sie gleich mit einer neuen Abfüllung daher. Der Rosé für diesen Sommer etwa gibt den Soundtrack zum Abhängen schon am Etikett vor: Erdbeeren, Kirschen und ein Engelskuss zieren wie in alten botanischen Lehrbüchern das Label (und zitieren natürlich Lee Hazelwood mit seinem „Summerwine“). Der aus 70% Pinot Noir und 30% Zweigelt gekelterte „Hasenhaide“ 2017 wird wie ein Weißwein behandelt und bringt kühle rote Früchte mit, fernab von Kitsch und Süße.
Was nicht heißt, dass man in Breitenwaida auf Kriegsfuß stünde mit dem Restzuzcker. Aber er kommt dorthin, wo er passt. Besser gesagt, er darf dort bleiben, wo ihn die natürliche Gärung hinplatziert. „Der 2016er Riesling bliebt bei 13 Gramm Restzucker stehen“, erinnert sich Groiss und man entschied sich, das auch so zu lassen. Womit der „Auf der Henne“ (ja, lustige Rieden-Namen haben’s dort – auch einen „Sauberg“ gibt es!) jetzt ideal zu Hühnerleberparfait paßt. Mit einem an Kleeblüten, Türkischen Honig und Darjeeling erinnnernden Duft stimmt der 2016er Riesling ein auf einen Geschmack, der von Ananas langsam zu Lychee mutiert, dabei aber Spannung bis zuletzt mitbringt – danke, Säure! – und einen herrlichen Wein der Marke „guilty pleasure“ ergibt. In Deutschland stünde da wohl „feinherb“ drauf.
Die nächste Überraschung wartet in der Wachau, wo Andreas Lehensteiner (kl. Bild links) in Weissenkirchen ein neues Gebinde für seinen Blend aus den Lagen Pichl Point und Hinterkirchen gefunden hat. 2015 war der erste Jahrgang, in dem der Riesling in einem 1.000 Liter-Behältnis aus Granit (!) reifen durfte. Der Name dieses Experiments war damit natürlich vorgegeben, der „Granit“ 2015 duftet nach Rumfrüchten und gegrillter Ananas, es ist ein reifer Jahrgang, so viel steht schon beim Riechen fest.
Am Gaumen wird aus der saftigen Pfirsich-Frucht des Beginns ein immer präziserer Wein: Zarter Rauch, aber auch Grapefruit, die mit ihrem leichten Gerbstoff und einem zitrisch-frischen Trinkanimo den „steinernen“ Riesling ins Finale trägt.
Weniger mit neuen Fass-Surrogaten oder neuen Weinen, sondern mit dem Schmelz eines bekannten Weins, der im Jahr 2015 eine wunderbar dosierte Fruchtigkeit abbekam, überraschte dann Bernhard Stadlmann. Gespräche mit dem önologisch bestens ausgebildeten Traiskirchener sind stets bereichernd, unter den Weinen war es diesmal der Rotgipfler „Tagelsteiner“. Üppigkeit schätzt Stadlmann zwar nicht, die Tropenfrucht des 2015ers ist daher auch auf den Duft begrenzt. Da darf die Papaya neben die etwas säurigere Quitte und eine jugendliche Marille treten.
Was noch mit leicht buttrigem Schmelz beginnt, wird bei aller Reife aber über einen gelbfruchtigen Mittelteil (saftige Nektarine oder Ringlotte) immer frischer. Ab der Gaumenmitte dominiert ein herbaler Zug, der an Korianderblatt gemahnt. Mit dem noch intensiver kräutrigen Finish ist man fast versucht, von einer Kresse zu schreiben, die der Rotgipfler im Nachhall hinterlässt. Was dann eine weitere Überraschung war im Volksgarten.
Bezugsquelle:
Ingrid Groiss, Rosé „Hasenhaide“ 2017 ist um EUR 6,80 erhältlich, der Riesling „Auf der Henne“ 2016 um EUR 17,90;
Andreas Lehensteiner, Riesling „Granit“ 2015 kostet EUR 18,50;
Bernhard Stadlmann, Rotgipfler „Tagelsteiner“ 2015 ist um EUR erhältlich, alle bei Weinhandel Gawein Bruckner, www.gawein.at