Das Essen war erwartungsgemäß köstlich: Roland Huber hatte Haschee-Ravioli aus dem Esslokal in Hadersdorf mit, der Salzburger Vitus Winkler reichte Lachsforelle im Kräuter-satten Stil seines Sonnhof. Und der Beute-Wiener Sören Herzig zeigte, wie er im Herzig den Schinken-Käsetoast (!) in einer raffinierten Tapas-Version neu erfunden hat. Drei Köche, drei Bundesländer – und doch nur die Speerspitze, die zum 20 Jahr-Jubiläum der Jeunes Restaurateurs (JRE) in Wien aufkochte. Als Gratulant stand aber auch jener Winzer parat, der die insgesamt 43 Mitglieder starke Koch-Vereinigung mit einer Sonderabfüllung begleitet: Bernhard Ott.
Als Bedingung dieser Kooperation stand für den Wagramer aber fest, „dass ich sicher nicht nur ein Etikett wo draufpicke“. Es sollte ein Wein sein, der zu der Spitzenküche passt. Immerhin stellen die JRE rund die Hälfte aller mit vier oder fünf Hauben bei Gault Millau ausgezeichneten Betriebe des Landes dar, wie Präsident Richard Rauch (Geschwister Rauch) vorrechnete. Und so wurde die höchste Lage Feuersbrunns für den JRE-Wein herangezogen. Die Riede Kirchthal mit ihren 370 Metern Seehöhe ist aber nicht nur eine „Klippe“ aus Löss, sie trägt im obersten Teil auch Kalksediment. Und der Grüne Veltliner bringt diese Frische auch wunderbar zum Ausdruck.
Wir sprachen mit Winzer Ott länger darüber, wie diese neue Präzision im Jahrgang 2021 zustande kommt. Denn die ersten Jahrgänge hatten unserer Kost-Erinnerung diese Spannung am Gaumen noch nicht so deutlich erzeugt. In der Tat wurden zwei Neuerungen seit den Anfangstagen des „Ried Kirchthal“ umgesetzt: die Anschaffung eines 1.200 Liter Fasses von der Fassbinderei Stockinger und vor allem eine Korbpresse: „Die Extraktion hat sich verändert“, gibt Bernhard Ott unserer gefühlten Einschätzung des neuen Jahrgangs recht. Diese Abfüllung bringt weniger gelben Apfel und Marille als mögliche „GV“-Geschmäcker in Stellung, sondern fokussiert auf die Frische, die der Kalk vielleicht sogar ein wenig in Richtung (Weiß)Burgunder bugsiert hat. Aber lassen wir am besten das Glas des „Ried Kirchthal“ 2021 selbst sprechen!
Hirschbirne und etwas Honigmelone liefern die Grundtonalität an gelben Früchten. Die florale, fast flirrend lebendige, Duftnote steuern Zitrusblüten, aber auch -schalen (Pomelo und Bergamotte) bei. Je mehr der „Kirchthal“ sich öffnet, desto mehr riecht man auch von der zerlassenen Butter (die JRE-Kochprofis würden von „brauner Butter“ sprechen). Dieser Ton ist aber das einzige Erbteil des 1.200 Liter-Holzfasses, das ansonsten die Harmonie dieses Veltliners unterstützt und nicht als Geschmackseintrag dient.
Druckvoll und mit der Power der sechs Gramm Säure legt der Wein dann am Gaumen los. Die gelbe Fruchtigkeit gehört hier eindeutig dem Zitrushain an, auch die Mineralik trägt zu diesem frischen Eindruck des 2021ers bei. Der Gerbstoff ist ganz fein abgeschliffen, aber auch seine Akzentsetzung befeuert den Zug von Bernhard Otts Grünem Veltliner. Wenn man ihn mit einer Zitronentarte vergleicht, trifft es das gut, denn die säurige (aber nie: saure!) Art animiert zum Weitertrinken. Das Wort vom „Fruchtbitterl“ trifft hier idealtypisch zu – vor allem im Nachklang erinnert das herb-säuerliche Fruchtspiel nämlich an die perfekte Reife von Grapefruit, aber auch Passionsfrucht. Wobei dieser letzte Akkord noch dazu perfekt zum internationalen Motto der 43 JRE-Köche passt: Never ending Passion.
Bezugsquelle:
Bernhard Ott, Grüner Veltliner „Ried Kirchthal“ (JRE-Edition) 2021 ist um EUR 44,- beim Weinhandel Döllerer erhältlich, https://shop.doellerer.at