Über die Welt des schottischen Whiskys erzählt die Benriach Distillery einiges. Denn auch, wenn das Gründungsdatum 1898 stolz getragen wird, blühte die Brennerei nur drei Sommer lang. John Duff, der hinter einigen Destillerien als treibende Kraft stand (etwa Longmorn und Glenlossie), hatte just in die abfallende Konjunktur hinein investiert. Erst 1965 wurde die Produktion in der Speyside wieder aufgenommen. Die Schotten haben das schöne Wort „mothballed“ dafür, wenn eine Produktionsstätte „eingemottet“ wird. Doch Benriach feierte eine Wiedergeburt, die auch damit zu tun hat, dass man nicht mehr nur für Blended Scotchs produzierte, sondern 1995 auch den ersten Single Malt vorstellte.
Die Eigentümer wechselten, doch eine Besonderheit blieb auch unter den neuen und potenten Betreibern, die 2016 Benriach übernahmen. Brown-Forman, weltberühmt mit seinem Tennessee Whiskey „Jack Daniel’s“, verfügt damit über eine der beiden letzten Mälzereien, die von Destillerien betrieben werden. Dem nicht genug, setzt man in Elgin (Morayshire) auch auf Torfrauch, der für einen Teil der Produktion verwendet wird. Womit wir auch bei dem Lifting wären, das Eigentümer Brown-Forman ins seinem 150. Firmenjahr dem schottischen Neuzugang verpasste. Die beiden rauchigen Abfüllungen nennen sich nun „The Smoky Ten” und der „The Smoky Twelve“.
Doch der meistverkaufte Whisky der Brennerei bleibt – auch in neuer Optik – der normale „Zehner“, also „The Original Ten“ (ohne „Smoky“). Mit ihm begann das Single Malt-Zeitalter und darauf nimmt auch das neue Design Bezug, das an die Aufmachung dieses ersten „Ten Years Old“ angelehnt ist. Vor allem aber ist der Whisky ein idealer Schluck für Einsteiger. Er ist mild, aber nicht so belanglos blumig wie manche Speyside-Brände. Da sorgt Master Blenderin Rachel Barrie mit einem Mix aus Fässern dafür, die auch kantigere Noten ergeben.
Reichhaltige Obstgarten-Frucht, auf Basis von Vanille-Creme und Gebäck – das ist für mich der „Original Ten“.
Rachel Barrie, Master Blenderin
Denn neben dem obligaten ehemaligen Bourbon-Fass sind auch neue, also davor noch unbefüllte Gebinde („virgin oak“, sagen die Kenner) im Spiel. Und die Fruchtigkeit der Speyside wird von einer Ladung Ex-Sherry-Fässern noch betont. „The Original Ten“ zeigt für versierte Whiskyfreunde daher ein fast schon explosiv-fruchtiges Duftbild. Die milde Speyside-Nase beginnt mit Pfirsich, Cavaillon-Melone und naturtrübem Apfelsaft – da kann auch der Newcomer nachvollziehen, wie solche Fruchtaromen in einem Single Malt riechen. Auch ein Quäntchen Getreidespelzen ist zu bemerken, das sorgt für Würzigkeit. Ein kleiner Anteil Torfrauch-Whisky, so verlautet aus dem offiziellen Booklet von Benriach, dürfte auch tatsächlich mit im Spiel sein. Und er wertet die ansonsten fast zu süßen Duftnoten auf.
Sanft ist auch das Mundgefühl, das an Honig erinnert, aber auch pochierte Birne mitbringt. Steinobst gibt es ebenfalls wieder. Hier ist es statt Pfirsich eher eine Dörrmarille, die den Mund fruchtig auskleidet. Das alles ist der Auftakt, ehe die nussig-würzigen Töne verstärkt an Fahrt aufnehmen. Ihnen gehört – zusammen mit einem Hauch von Marzipan – das schokoladige Finish dieses „Zehners“.
Denn auch, wenn man er Speyside-sanft schmeckt, soll ein Whisky schon auch Kante haben. Die hat man pflichtgemäß abgeliefert, aber auch gut abgerundet. Die 43% Alkohol dieses Einsteiger-Benriachs „beissen“ nicht. Jetzt müsste nur noch jemand den Kamin einheizen. Oder uns vorher einen bauen. Den November-Whisky dazu hätten wir.
Bezugsquelle:
Benriach, The Original Ten ist um EUR 31,90 (0,7 Liter-Flasche) beim Weisshaus Import erhältlich, https://www.weisshaus.at