In Sachen Whisky hat Indien ein Problem. Denn vieles was der Subkontinent mit dem gewaltigen Whisky-Durst selbst konsumiert, geht nicht mehr als Whisky durch, wenn es die Grenzen überquert. Die EU sieht dafür bekanntlich drei Jahre Mindest-Reife vor. Wenige indische Brennereien lassen sich aber so lang Zeit mit der Reifung. Die „Confederation of Indian Alcoholic Beverage Companies“ (CIABC) verweist auf die tropische Intensivreifung als Argument: „Was in Schottland in drei Jahren Reifung erreicht wird, kann in Indien in sechs bis neun Monaten erreicht werden“. Eine unnötig längere Reifung, so der Schluss, erhöhe nur die Produktionskosten.
Doch in Bangaluru, dem ehemaligen Bangalore, sitzt mit Amrut eine der Ausnahmen. 2004 legte man in der Brennerei die ersten indischen Single Malts nach europäischen Standards vor. Die Gerste dafür stammt aus nordindischen Bundesstaaten wie Punjab und Rajasthan, lediglich getorftes Malz kommt direkt aus Schottland. Schon ein Jahr nach der indischen Unabhängigkeit begann Shri J.N. Radhakrishna 1948 mit dem Destillieren, anfangs als großer Armee-Lieferant. Heute exportiert sein Sohn die Brände in 57 Länder. 2019 wurde die Kapazität der Brennerei in Bangaluru verdreifacht. Doch auch das reichte nicht. Ende des Jahres wird die nächste Erweiterung fertig, dann will man 1,5 Millionen Liter pro Jahr erzeugen.
Mit einer bisher nur als Limited Edition erhältlichen Abfüllung nahmen wir eine Kostprobe des „Indian Single Malt“. Benannt ist der Whisky nach dem schwarzen Panther aus Rudyard Kiplings „Dschungel-Buch“. Auch auf der Packung ist „Bagheera“, der Pate des in 0,5 Liter-Flaschen angebotenen Whiskys, zu sehen. Man hätte aber auch ein fettes Sherry Butt abbilden können. Denn in den spanischen Fässern erhielt der Single Malt sein Finish. Altersangabe gibt es keine (drei Jahre plus x?), dafür wurde in der Malzschüttung auch 1% Torfmalz verwendet. Der mit 46% vol. gefüllte „Bagheera“ zeigt sich auch durch und durch als „sherried“ Whisky.
Medjool-Datteln, saftige Orangenscheiben und eine ausgeprägte Nussigkeit zeigen das Sherry-Finish in der Nase deutlich an. An Mandel-Schokolade mit einer feinen Süße lässt dann der erste Eindruck am Gaumen denken. Wäre das alles, dann erwiese sich der schwarze Panther (eigentlich: Leopard) als zahmes Kätzchen. Doch dem Auftakt folgt ein dunkel-pfeffriges Mittelstück, das in Richtung Trauben-Nuss-Schokolade abbiegt. Und noch eine Note hat sich der Inder aufgehoben. Im Nachgeschmack zeigt er eine dezent rauchige Seite – ein Hauch des Torfmalz-Anteils, darf man vermuten.
Die Sherry-Süße und die eigentlich sanfte Art dürfte Einsteigern gefallen. Und sie müssen auch keine Angst für einer vielleicht übrig bleibenden 0,7 Liter-Flasche haben. Der „Bagheera“ kommt als Halbliter-Flasche in den Handel. Und eine Drink-Empfehlung drängte sich auch förmlich auf. Der Amrut ist zwar kein Japaner, aber die klassische Form eines „Mizuwari“ steht im gut: 1 Teil „Bagheera“, 3 Teile eiskaltes Wasser.
Bezugsquelle:
Amrut Distilleries, Single Malt „Bagheera“ wird um EUR 37,90 (als 0,5 Liter-Flasche) gehandelt, z. B. bei Whisky.at im Versand, https://at.whisky.de