Mehr und mehr beschleicht einen der Verdacht, die Leute würden statt „irgendwas mit Medien“ (für Ex-Bundeskanzler: „irgendwas mit EU“) lieber Getränke machen. Der Morbus Taurini scheint zu grassieren, seit man als Energy-Drink-Erzeuger auch die letzten Herren der Republik, die Gewerkschafter, locker in die Knie zwingt. Nur, dass man ein paar Jahrzehnte später als Herr Mateschitz halt eher Glasflaschen füllt und dann auch möglichst heimische Kräutlein oder so verwendet als Start-up. Derer gibt es viele und nur wenige finden den Weg ins Trinkprotokoll.at.
Was nicht daran liegt, dass uns Wein, Weib und Schnaps lieber wären, sondern dass in vielen Fällen halt dann doch der Zuckerstreuer auskommt (beim Inhalt) und das Marketing des neuen Safterls sowieso wichtiger ist (bei der Form). Und so geben wir es nun zu: Als uns die Kreation von Martin Paul, Lukas Renz und Maximilian Grandl in die Hände fiel, regierte Skepsis. Doch ungekostet bleibt bei den Protokollisten alles Flüssigen nur der Salmiakgeist (zumindest dann, wenn die Flasche gekennzeichnet ist – wir hatten auch schon andere. Spuck, Speih!). Denn immerhin klingt das Arsenal der verwendeten Zutaten wie der flüssige Traum-Schwiegersohn aus der Nachhaltigkeitsbeilage eines Frauenmagazins: Essenz vom grünen Kaffee, Pielachtaler Dirndl, Holunderblüten aus dem Traisental, Verjus aus dem Kamptal und Hibiskusblüten. Wohlgemerkt, wir reden nicht von fünf Geschmacksrichtungen, sondern von einem Getränk, dem „Bärnstein“.
Pluspunkte gab es aber auch prä-gustierend: Denn die Idee entstand im Wirtshaus, das Ganze passierte in der Studenten-Stadt St. Pölten und der grüne Kaffee (also nicht gerösteter) aus Nicaragua hat – auf eine „Bärnstein“-Flasche umgerechnet – etwa so viel Koffein wie eine halbe Tasse Espresso. Was immer gut ist in Zeiten schwachbrüstiger Getränke. Doch genug herumgedruckst, die Flasche mit dem schwarzen Bärenkopf will geöffnet sein!
Alsdann, der zarte Essig-Ton im Duft stammt offenbar vom Verjus und seiner Säure, doch ihm gegenüber findet sich das gerbstoffige Duo Cranberry und Hagebutte – also rote Früchte mit saurem Touch und zart herbem Geruch. Die Kornel-Kirsche (vulgo: Dirndl) mit ihrem herb-säuerlichen Geschmack macht sich auch am Gaumen breit, ehe die grünen Kaffeebohnen für krautig-würzige Akzente sorgen. Zwischen den roten Früchten blitzt aber auch die typische Süße von Hollerblüten durch. Spätestens jetzt wird klar, dass die scheinbar wilder Mischung der St. Pöltener ihren Sinn hat.
Das Getränk hat trotz der lieblichen Etikette nichts mit Marketingschmähs zu tun: Jede Zutat bringt ihre spezifischen Eigenschaften ein. Herb wie grüner Tee und zugleich fruchtig bis zuletzt, befindet sich die ungleiche Melange aus Kaffee, Früchten und Blüten tatsächlich in der Balance – und die „Bärnstein„-Gründer haben auch der Versuchung des Aufzuckerns widerstanden. Lässige Sache, muss man sagen. Speziell für den Sommer – mit, aber auch ganz ohne Mineralwasser, nur halt immer gut gekühlt – kann man den Bärensaft schon einlagern.
Bezugsquelle:
Bärnstein, koffein-haltiges Erfrischungsgetränk, ist um EUR 2,46 (0,33 Liter-Flasche) über My Product erhältlich, www.myproduct.at