Im Rex-Glas, so will es die Legende, wurde er erstmalig 2015 kreiert. Der „Bärmut“ stellt für Kärntner Gourmets seit immerhin fünf Jahren das Hausgetränk beim Trippolt dar, dem Gasthaus zum Bären in Bad St. Leonhard. Das Jubiläumsjahr der Kreation dachte dem goldgelben Wermut aber eine andere Rolle zu. Nämlich die eines „Plan B“, seit das Gasthaus von Silvia und Josef Trippolt wieder zwangsgeschlosen ist. Wie derzeit alle. „Die Flaschen mit dem goldenen Bären ermöglichen uns, in diesem Jahr eventuell noch ein Zubrot zu verdienen“, hoffen die Wirtsleut, die 1.500 Flaschen ihrer Kreation gefüllt haben. Und die das Elixier mit dem Beifuß-Gewächs nun österreichweit verschicken.
Das wiederum ist für Getränkefreunde doch eine gute Nachricht, denn der hausgemachte Aperitif hat eine ziemlich lupenreine Zutatenliste. Die Arthemisia-Pflanzen vulgo Wermutkraut stehen im eigenen Garten, auch die Kräuter und Gewürze stammen aus dem Fundus (Spitzenköche haben’s da leichter als unsereins). Und natürlich gehören neben Wein auch noch Zitrusfrüchte in den Ansatz. In diesem Fall sind es Orangen und Zitronen in Bioqualität. Künstliche Aromen, Geschmacksverstärker und Konservierungsmittel schenkt man sich dafür im Lavanttal. Und somit starten auch wir die Aperitif-Stunde im Zeichen des Bären.
Als erstes ist da Rosenduft, dessen florale Intensität fast schon an reife Himbeeren anstreift. Die Zitronenzesten sind gleichfalls markant und von herbem Charme, den auch der begleitende Birnenschalen-Duft verströmt. Doch keine Angst, am Gaumen wird es schnell geradliniger und nicht blumig: Da legt die Zitrusfrucht vor, aus der fast unmerklich dann die Bittere erwächst im Trinkverlauf. Sie erinnert an Salbei und Artischocke und wirkt immer frisch, nie erdig oder holzig.
Und man sollte darüber reden, nicht nur weil die Arthemisia ein Definitionskriterium jedes Wermuts darstellt. Denn den markantesten Unterschied zu Industrieprodukten hat sich der Bärmut für den Schluss aufgespart: Die Bitterkeit, die der Wermut da an den Tag legt, wurde bewusst zugelassen und auch nicht durch Zuckern gemildert. Sie bleibt lange haften, macht Appetit und ist damit genau richtig für ein Restaurant wie den Bären. Womit wir beim Servierritual des herb-fruchtigen Aperitivos wären. Auch das wurde bei uns natürlich trink-protokolliert: Mit Eis kommt die herbe Seite nach wie vor gut durch, im Duft verliert sich leider das Florale, das ihm so gut steht.
Und mit Tonic Water, wie man aktuell die Wermuts von Barcelona bis London gerne trinkt? Da sollte man den Ball (den Bär?) eher flach halten. 1:2 wie für Gin wäre für den deutlich leichteren Wermut schon zuviel. Mit einem trockenen (!) Tonic allerdings 1:1 gemixt, spielt die bittere Seite des Beifuß-Gewäches herrlich mit seinem herben Bruder im Geiste, dem Chinin. Zitrusnoten schwingen mit, vor allem die Orangen kommen klarer durch. Aaaaber: Die bittere Seite obsiegt. Und das passt nun, leider, ja auch besser zur Weltlage als ein sommerlich fruchtiger Strahlemann im Glas. Bären dürfen manchmal auch knurren!
Bezugsquelle:
Trippolt „Zum Bären“, Bärmut ist um EUR 22,90 (0,75 Liter) im eigenen Webshop bestellbar, www.baermut.at