Der eine ist Philologe für Bibel-Aramäisch, der andere trägt „Breaking Bad“-Leiberl. Gemeinsam haben Tim Kirk und Bryan Martin eine australische Region auf die internationale Wein-Karte gesetzt, von der in Österreich noch wenige etwas mitbekommen haben. „Canberra District“ ist ähnlich wie „Washington, D.C.“ das Gebiet um die Hauptstadt und man merkt beim Besuch schnell, dass hier Goldgräber-Stimmung herrscht. Denn es ist eines der kühlsten Weinbau-Gebiete (bei Lark Hill etwa findet sich die Pionier-Pflanzung von Grünem Veltliner) und die beiden Großstädte Melbourne und Sydney haben die Region als Wochenend-Ausflugsziel entdeckt. Riesling spielt hier eine Rolle, seit die Helm Winery mit der Sorte für Furore gesorgt hat. Und auch beim in den 1970ern gestarteten Weingut Tim Kirks, Clonakilla, macht der Riesling 25% aus.
Bekannt wurde das nach einem keltischen Wort für das Kircheninnere benannte Clonakilla aber mit dem Shiraz. Vor allem die Innovation, 5% Viognier (bekanntlich eine weiße Traube), mitzuvergären, hat vom Zungenbrecher-Ort Murrumbateman ausgehend eine regelrechte Mode ausgelöst.“Co-fermented“, also „mitvergoren“, zählt zu den am meisten verwendeten technischen Beschreibungen während unserer Australien-Reise. Denn im Idealfall erspart diese – nach österreichischem Weinrecht unmögliche – Technik das vielfach heute noch übliche nachträgliche Aufsäuern der ansonsten zu üppigen Rotweine. Drei Schichten finden sich in den Gärtanks bei Kellermeister Bryan Martin, Ganztrauben vom Shiraz (als inklusive Stengeln), dann der Viognier und der Rest ist der „entrappte“ Shiraz, also die reinen Trauben.
Diese Kombination kosten wir etwa aus dem aktuellen Jahrgang 2017, wo sich Limette (!), Ziegelstein, Weichsel und Schwarze Olive im Duft einstellen. Der würzige Typus Wein ist dem Eisenberger Blaufränkisch nicht unähnlich, die jugendliche Säure steht ein wenig vor der Frucht und besonders die Würze fällt in diesem (in Australien) kühleren Jahrgang auf. In einem „normalen“ Jahr wie 2014 wiederum kommen die süßeren Anklänge durch, aber auch sie sind immer mit Würze verknüpft, in diesem Fall denkt man an Nuss-Likör. Aber auch Graphit und Fleischsaft bringen aktuell einen schönen Zug mit.
Die Experimente, die man nach istrischem Muster (Radikon und Gravner nennt Martin als Vorbilder) bei Clonakilla gerade pflegt, schaffen es leider nicht nach Europa. Denn der „Orange Wine“ aus Pinot Grigio und Traminer würde auch hierzulande etlichen Sommeliers gefallen. Und erst recht der kreidig-salzige „PetNat“ aus den Riesling-Trauben des Canberra-Weinguts. Dafür ist der bekannteste Shiraz des Hauses, „Hilltops“, gut zu bekommen. Vor allem hat er aktuell einen Schnäppchen-Preis in Österreich. Genau genommen wird er um den australischen Ab Hof-Preis (28 Dollar) angeboten.
Der 2017er „Hilltops“ trägt die Würze der Sorte schon im Duft, allerdings nicht in der plumpen (an „Sportgummi“ erinnernden) Form, sondern als Mix aus Dille, Grünem Pfeffer und nur einem Hauch Eukalyptus. Sanft beginnt dieser Shiraz im Mund, erst allmählich schält sich aus der schmeichelnden Vanille-Hülle ein saftig-säurige Frucht der Marke Orangenspalte. Dann schlägt auch der Gewürz-Ton zu; es ist in diesem Fall Rauchpaprika und auch der Gerbstoff verlängert diesen jugendlichen „Clonakilla“-Klassiker zum Abgang hin.
Die feine Balance, die Bryan Martin (kl. Bild) so wichtig ist, lässt sich also bereits jetzt beobachten. Wo die Reise hingehen kann, zeigt dann der 2013er, einer der besten Jahrgänge: Hibiskus trifft auf Oolong-Tee, auch etwas Rote Rübe signalisiert reife Fruchtigkeit. Der Kostschluck hat dann einen rotfruchtigen Schmelz, die Paprika-Note hat sich zu einer Creme verwandelt, die mit ihren Kreuzkümmel- und Oliven-Tönen auch an „Harissa“ denken lässt. Auch wenn in Sachen „cool climate“ viel Gerede gemacht wird – bei den besten Shiraz-Versionen aus dem Canberra District schmeckt man, wie sie sich etwa vom fetteren Barossa-Stil unterscheiden.
Bezugsquellen:
Clonakilla, Shiraz „Hilltops“ 2015 ist um nur EUR 19,50 im Online-Sale bei Wein&Co erhältlich, so lang der Vorrat reicht, www.weinco.at
Clonakilla, Shiraz/Viognier 2013 um ca. EUR 79 beim Schweizer Clonakilla-Importeur Paul Liversedge, MW, zu beziehen, http://realwines.ch