Die beste Gelegenheit, sich über den hierzulande wenig präsenten Wein-Kontinent Australien am Laufenden zu halten, bietet sich in Bloomsbury. Alljährlich treffen sich Hunderte „Aussie“-Fans in London – und auch für den Trinkprotokollanten zählt das „Victoria House“ im Jänner zu den fixen Anlaufpunkten (z. B. hier nachzulesen). Dieses Jahr war die Österreicher-Dichte gleich doppelt so hoch, denn auch bei den Ausstellern hieß es „Austria, not Australia“. Wobei in diesem Fall die Verbindung zu „down under“ eine besondere ist.
Neben dem heimatlichen Undhof im Kremstal Dr. Bertold Salomon 1998 mit der Jungfernlese auf der Halbinsel Fleurieu auch in Australien ein Weingut begründet. Das benachbarte Mc Laren Vale oder auch die Adelaide Hills (zuletzt vor allem als Opfer der Buschfeuer weltweit in den Schlagzeilen) mögen bekannter sein als Finiss River, wo die Salomons Wein machen. Aber den Vorsprung von acht Winzergenerationen nimmt ihnen auch keiner.
Genauer gesagt, war es Bert Salomon, Sohn des auch als ehemaliger ÖWM-Chef (1994-2001) bekannten Salomon sen., der die Weine präsentierte. Der sehr frucht-betonte Einsteigerwein – „Dark Pearl“ 2016 – stellt eine Art Bordeaux-Blend aus Fleurie dar. Leider ist der aus Merlot und Cabernet (Franc und Sauvignon) cuvéetierte Wein hierzulande nicht erhältlich. Cassis und Preiselbeere leiten einen betörenden Beeren-Duft ein, das jugendliche Tannin überdeckt noch ein wenig die würzig-nussigen Noten dieses Rotweins. Doch der Start, der eloquent von Bert Salomon, zwischen Österreichisch und Englisch wechselnd, begleitet wurde, versprach viel.
Noch mehr für Cabernet-Freunde gab der ein Jahr ältere, reinsortige Cabernet Sauvignon her. „Finniss River Fleurie“ 2016 erinnerte frappant an die fruchtige Spezialität der Stadt Gent, die „Genter Nasen“. So ausgeprägt kommt der Schwarze Johannisbeer-Ton in der Regel nur beim Cabernet Franc – und da sehr reifem! – durch. Die Brombeere hatte da das Nachsehen, sie darf sich dafür am Gaumen austoben; der 2016er ist bei aller Fruchtigkeit aber ein Janus-Kopf. Denn viel hält hier gegen die fruchtige Urkraft eines 14,5% starken „Cabs“ gegen: Lorbeer liefert einen kräuterhaft-grünen Widerrist, ein wenig denkt man auch an Farnkraut bei dieser Seite des Weines. Lang ausklingend und saftig, macht er schon in dieser Frühphase Freude.
Der herausragende Wein der Probe allerdings war der ebenfalls 2016 geerntete „Finniss River Fleurie Shiraz“. Der australischen Parade-Sorte hat man hier das so typische Aroma ausgetrieben. Weder Eukalyptus, noch das gern als „Gurkenwasser“ beschriebene Gerücherl der Marke säurig-herb-grün war zu notieren. Dafür ein dunkler Abgrund, der von Mokka, Brombeeren in sehr schwarzer Ausführung und Bitterschokolade gebildet wurde. Intensiv auch am Gaumen, erinnert der Shiraz nach 18 Monaten Holzfassausbau (mehrheitlich französische Eiche; ca. 50% Anteil neues Holz) an den Geschmack von Carob-Sirup. Der Bockshörndl-Ton kombiniert herbe und intensive Rotfrucht-Schattierungen. Rooibos-Tee schwingt mit, aber auch reife Kornellkirsche, Tapenade (Schwarze Olivenpaste) und etwas Hollerkoch.
Wenn es wo garantiertes Reifepotential gibt, dann hier. Bar jeder „grünen“ Aufhellung, sei es durch Kräuterwürze oder Säure, absorbiert dieser Shiraz quasi jeden hellen Ton. Dafür aber gibt der 2016er „Finniss River Fleurie Shiraz“ die dunkle Kraft der Sorte wieder, ohne je zur „Trinkmarmelade“ oder einem überholzten Wein zu werden.
Abgerundet wurde Bert Salomons Tour durch die „Finniss River“-Weine von einem 30 Jahre alten Tawny, wie die australische Variante des Portweins genannt wird. Der intensive Fruchtdruck dieses Weins aus Grenache und Shiraz wird von einem nussig-salzigen Finale gekrönt, das an Erdnuss-Flips erinnert. Auch das ist Australien. Und in Teil 2 unserer Kostnotizen der Londoner Kost gibt es dann mehr davon!
Bezugsquelle:
Salomon Estate, „Finiss River Fleurie Shiraz“ 2016 ist um EUR 29,50 bei der Vinothek Fohringer zu haben, im Sechser-Karton á EUR 174 auch im Webshop der Winery, www.fohringer.at bzw. https://aut.salomonwines.com