Was man nicht sieht, kann man nicht kaufen. Eine Binsenweisheit, die jeder Greissler kannte, als es solche noch gab, und daher die Budel vollräumte. Beim Wein gilt das auch, allerdings – die Schere im Kopf und Etikette vorm Aug hindern uns oft genug – in der Variante: Was ich koste, kann mir auch schmecken. Kaufakt danach nicht ausgeschlossen. Nur schaffen es Flaschen von außerhalb des oft genug eng abgesteckten Horizonts selten genug bis zum Gaumentest. Mit seiner MSelection will Franz Messeritsch dieses Hindernis ausräumen. Als Sommelier kennt er die besagte Zaghaftigkeit und weiß, dass ein griechischer Rosé nicht einmal aus Solidarität gekauft wird – und sei er der einzige auf der offenen Karte.
Die Telish-Winery ist eine seiner Entdeckungen, der er mehr Zuspruch wünscht, sie liegt nämlich in Bulgarien. Ein geographisches Faktum, doch auch ein Kosthindernis für viele. Die jüngere Geschichte des 1960 gegründeten Hauses beginnt mit der Übernahme der Genossenschaft durch Jair Agopian. 1999 starteten die Investitionen, vor allem Merlot und Cabernet Sauvignon wurde damals produziert. Heute setzt man beim Feilen am „neuen Image des bulgarischen Weins“, das Agopian vorschwebt, auf Versuche mit Sorten, die man nicht unbedingt hier suchen würde. Alicante Bouschet wäre eine davon, so wie sie wird auch der Sangiovese mit Merlot verschnitten.
Das Ergebnis, der „TTT 2011“, kann den italienischen „Papa“ im Duft nicht verleugnen: Veilchen, etwas dunkle Schoko-Kirsche, die Richtung Brombeere abdriftet. Und auch ein leichte Specknote machen wir beim Verkosten aus. Doch auch der Merlot darf sich präsentieren, er hat am Gaumen die Führung übernommen; vollmundig, im Finish fast pelzig, wie man früher gesagt hätte, dabei wieder mit viel Kakao und durch die merkliche Säure des Cuvéepartners gezähmt.
Aus der „Castra Rubra“-Linie stellen die Nimbus-Weine die Qualitätsspitze dar. Der Syrah des Jahrgangs 2010 scheint von der dunklen Seite der (Wein-)Macht zu kommen: Frisch gemahlener schwarzer Pfeffer und Lakritze, dazu Wacholder, Bitterschoko und eine satte Brombeerfruchtigkeit entströmen dem Glas. Vollmundig und dunkel wirkt der sortentypisch-würzige Syrah auch am Gaumen, wieder kommt eine dunkle Schokonote durch, die Frucht bleibt dahinter ein wenig versteckt, am ehesten dunkle Weichsel, klarer wird es dann im Finish; Maulbeeren und eine immer deutlichere herbe Würze nach Lorbeer schließen den Aromenbogen ab. Ein wuchtiger Wein, der mit seinen 14,5% noch einige Jahre liegen kann. Danach zum Wildschwein im Speckmantel oder einem klassisch österreichischen Hasenpfeffer.
Der Syrah spielt auch in der Cuvée „Dominant“, bei der Michel Rolland als Berater die Hand im Spiel hatte, eine Hauptrolle. Die beiden würzigen Sorten Cabernet Sauvignon und Syrah zeigen sich hier in einer schmeichelnden Form, fruchtig wie Erdbeermarmelade duftet es aus dem Glas. Die intensive Frucht bleibt auch am Gaumen, hier schält sich allmählich eine reife Kirsche heraus, auch Beerentöne sind mekrbar, erst gegen Ende kommt eine Kräuternote dazu, vor allem Wacholder und Estragon, eine süße Vanille erinnert daran, dass hier auch mit dem Fass gut umgegangen wurde. Generell kommt der „Dominant“ weniger wuchtig daher, als es die 14,5% Alkohol vermuten ließen.
Anerkennend verortete man ihn in Kalifornien bei unserer Blindprobe. „Mission accomplished“ kann man nur mit Blick auf die eingangs erwähnte Schere im Kopf sagen: Auch so (gut) schmeckt die neue Weinwelt.
Bezugsquelle:
Telish, Cuvée „TTT“ 2011, EUR 8,90,
Castra Rubra, Syrah „Nimbus“ 2010, EUR 24,90
Castra Rubra, Cuvée „Dominant“ 2010, EUR 15, alle über die Messeritsch GmbH erhältlich, www.mselection.at