Als Botschafter der sizilianischen Küche kennen die Wiener Ciccio Sultano spätestens, seit er das Pastamara mit seinen Ideen begleitet. Der Zwei-Sterne-Koch aus Ragusa brachte zu Sommerbeginn ein fünf-gängiges Menü auf den Tisch, bei dem auch die Weine der Insel präsentiert wurden. Mit Tasca d’Almerita stand dafür ein Partner bereit, der mit fünf Weingütern Siziliens Vielfalt in die Flaschen bringt. Neben dem „Muttergut“ Regaleali im Landesinneren gehören dazu das Ätna-Weingut Tascante, Sallier de La Tour in Monreale und zwei Insel-Weingüter: Whitaker auf Mozia vor der Westküste Siziliens und Capofaro auf Salina, einer der Liparischen Inseln.
Den Auftakt machte der Sekt „Almerita“, ein reinsortiger Chardonnay, der zwei Jahre auf der Hefe verbrachte. Die Trauben dafür stammen aus bis zu 900 Meter hoch gelegenen Weingärten, was die Frische des Schaumweins erklärt, der stets als erster bei der Tenuta Regaleali gelesen wird. Zart rauchig lässt er sich zu Beginn im Glas an. Man denkt an geflämmte Zesten, da auch Bergamotte und Quitte neben dem reifen gelben Apfel in der Nase präsent sind. Ebenfalls mit zartem Gerbstoff, zupackend und gelbfruchtig, zeigt sich der Jahrgang 2019 am Gaumen. Safran und Curry stellen die Struktur über die Frucht. Es dauert, bis sich die kühl-frische Himbeere durchsetzt. Dann hat auch die Nase neuen Riechstoff: Etwas Vanille zeigt die Komplexität dieses Schaumweins, der kein einfacher Aperitif ist.
Ebenfalls eine internationale Sorte prägte den Wein zu den Fischgängen, wenn der Sauvignon Blanc auch quantitativ als „Juniorpartner“ im 2020er „Nozze d’oro“ funigert. Geschaffen wurde die Cuvée zur Goldenen Hochzeit von Conte Giuseppe d’Almerita, wie Ivo Assanelli in seiner Präsentation ausführte. Zur romantischen Namensgeschichte weist der Wein auch eine interessante Zusammensetzung auf. Zum einheimischen Inzolia (67% des Blends) gesellt sich mit dem „Sauvignon Tasca“ ein Klon, den man erst spät entschlüsselt hat. Und seine Spur führte in der Tat nach Österreich. Dass der Drittel-Anteil daher an langlebige steirische Sauvignon Blancs denken lässt, ist kein Zufall. Sehr duftig zeigt sich die Melange aus Maiglöckchen und Maracuja, zu der sich Bienenwachs und Pollen als cremige Akkorde gesellen.
Das Austro-Geheimnis der „Goldenen Hochzeit“
Druckvoll ist das Mundgefühl, in dem erneut dunkle Aromen von Blüten, aber auch Grüner Apfel, Papiernuss und Grüne Paprika die Hauptrolle spielen. Es ist ein Wein, der gut altert, da vor allem der Inzolia erst langsam seine Noten einbringt. Die saftige Art und das vertraute Geschmacksbild machen aber österreichischen Trinkern schon jetzt Spaß. Außerdem sei gesagt: Dieser Wein überzeugte auch im Pairing mit dem „Pesce di Scoglio in Guazzetto“ – der Felsenbarsch verbarg sich nämlich unter einem „Deckel“ aus Oktopus und hatte auch Muscheln an der Seite. Die Vielzahl an maritimen Köstlichkeiten lieferte eine Frische im „Nozze d‘Oro“, die er pur so nicht zeigte – vor allem die Säure der Cuvée konnte hier aufzeigen. Ein spannender Wein abseits der Primärfrucht!
Dass man sich auf Weißwein versteht, unterstrich der Chardonnay zur genialen „Timbale“, einem Hausrezept an gebackener Pasta mit Fleischbällchen, Käse und Béchamel, das sich Chef Sultano geborgt hatte. Der 2020er „Vigna da Francesco“ bringt alles mit, was man an der Sorte mögen kann. Anfangs zart reduktiv, mit einem Duft nach angerissenem Schwefelholz, wandelt er sich über einen würzigen Safran-Moment in Richtung Frucht-Exzess. Nektarine und eine zarte Butterkeksnote finden sich neben Kapstachelbeeren. Von den 350 Liter fassenden Holzfässern – darunter 70% neuer Eiche – wird auch der Kostschluck geprägt. Zart röstig, sehr cremig und mit einem buttrigen Schmelz legt sich der 2020er der Tenuta Regaleali auf die Zunge. Exotische, aber nicht tropenfruchtige Noten prägen die Frucht-Seite. Gelbe Kiwi und erneut Physalis, ein wenig auch Cavaillon-Melone standen zu Buche. Und auch eine gewisse Salzigkeit, die sich allerdings erst beim Belüften im Glas langsam einstellte, trug zum Potential des 2020ers bei. Zumal der Chardonnay auch stilvoll aus der Magnumflasche kredenzt wurde.
Zum Lamm wurde jener Wein gereicht, in dem man das Fleisch auch mariniert hatte im Wiener Ritz-Carlton: „Rosso del Conte“ des Jahrgangs 2017 wurde hier schon einmal vorgestellt, als er frisch gefüllt war. Als letzter Jahrgang, an dem noch Conte Lucio Tasca d’Almerita mitgewirkt hatte, steht er auch für die Geschichte des sizilianischen Weinguts. Und es war auch interessant die leichte Veränderung in den fast neun Monaten Flaschenreife gegenüber unserer ersten Notiz zu merken. Zwischen Lack und Päonien wanderten die Dufterinnerungen umher, Gewürznelke, Teer, Eukalyptus und Fleischsaft zeigen schon die Bandbreite dieses dicht-intensiven Rotweins. Nero d’Avola (58%) und Perricone (42%) stellen diese sizilianische Cuvée, die in slawonischer Eiche, französischen Barriques und einem Anteil Kastanienholz-Fässern geschult wird.
Aus der ältesten Einzellage San Lucio, die in den 1950er Jahren bestockt wurde, kommt reifes Traubenmaterial, das einen überaus stoffigen Wein ergibt: Die tiefgründige Frucht bringt Brombeere und vor allem Heidelbeere in Stellung, der fleischige Grip und die 14,5% vol. sind weitere Attribute. Allerdings kann man diesem Wein bei der Veränderung zusehen – mit fortschreitendem Abend wurde der „Rosso del Conte“ nämlich immer seidiger. Und auch die gewürzigen Noten sowie der Kräutercharme dieser Tasca d’Almerita-Füllung zeigte sich klarer. Auch wenn also „2017“ am Label steht: Bitte noch länger zuwarten bei diesem Grandiosum!
Für Freunde des Süßweines stellte dann der einzige Wein vom Inselweingut Salina einen Leckerbissen dar. Anders als es die DOC-Norm vorsieht, hat man auf die 5% roten und sonnengetrockneten Trauben verzichtet, die leicht oxidative Noten einbringen. Als 100%-iger Malvasia darf der Passito der Tenuta Capofaro nur als IGT vermarktet werden. Doch geschmacklich ist den Önologen einfach recht zu geben. Elegant verstecken sich die rund 200 Gramm Restzucker bei diesem 2021er Jahrgang. Seine leichtgängige Art erinnert – ebenso wie der leichte Gerbstoff – an einen Monbazillac. Was bemerkenswert ist, da der Franzose deutlich trockener gefüllt wird. Doch die wie „Bienenstich“ duftende Mixtur aus Honig und Nuss im Duft, gepaart mit Lychee und Gelber Paprika, hat schon etwas!
Zumal die Frische und Pikanz dieses Weines für einen tropenfruchtigen Schluck sorgte, der nie etwas Dumpfes oder Eingekochtes aufwies. Wie viele guten Passitos ließ sich auch der Capofaro 2021 locker pur genießen. Wobei das Brandteig-Dessert Ciccio Sultanos einem in Erinnerung rief, dass man eigentlich zum Essen da war.
Bezugsquellen:
Tasca d’Almerita/Tenuta Regaleali, Spumante Almerita 2019 ist um EUR 35 beim Onlineversand Tannico zu haben, www.tannico.at
Tasca d’Almerita/Tenuta Regaleali, Nozze d’oro 2020 wird um EUR 21 von Superiore.de angeboten, www.superiore.de
Tasca d’Almerita/Tenuta Regaleali, Vigna San Francesco 2020 kostet – als Magnum! – EUR 82 beim Italien-Spezialisten Superiore, www.superiore.de
Tasca d’Almerita/Tenuta Regaleali, Rosso del Conte 2017 ist direkt über den Webshop des Weinguts um EUR 48 zu haben, https://shop.tascadalmerita.it
Tasca d’Almerita/Tenuta Capofaro, Salina Passito Capofaro 2021 ist um EUR 40,83 (0,5 Liter-Flasche) beim Onlineversand Tannico zu beziehen, www.tannico.at