Wir wandeln und trinken weiter auf dem österreichischen Whiskypfad. Wie bereits in Teil 2 (wir besuchten Günther Mayers Granit-Destillerie) und Teil 4 (Hafer-Whisky bei Ossi Weidenauer) führt der Weg zum nächsten AWA-Brenner ins Waldviertel, die Hochburg des heimischen Single Malts. In Roggenreith begann die Whiskygeschichte mit Pionier Johann Haider und mittlerweile führt bereits die zweite Generation die größte heimische Produktion. Jasmin Haider-Stadler führt nicht nur stolz durch das Fasslager mit imposanten 200.000 Litern Destillaten, sondern hat auch eine Rarität am Kosttisch stehen, von der es gerade einmal 45 (!) Halbliter-Flaschen gibt.
Dieses Highlight führt zurück an den Beginn der heutigen Whisky-Erlebniswelt im Jahre 1995; als erstes Fass befüllte Johann Haider damals das Fass mit der Nummer 1. Es war ein kleines Gebinde mit gerade einmal 56 Litern Volumen. „Im Laufe der Jahre wurde das Fass bereits drei Mal mit destilliertem Getreidebrand befüllt“, erzählt die aktuelle Chefin (links im Bild), während die letzte dieser Abfüllungen ins Glas kommt. Konkret handelt es sich um einen Single Malt aus hell geröstetem Gerstenmalz. Diese dritte Befüllung des ersten Whiskyfasses in Österreich kosten wir nun 15 Jahre später: Sie zeigt in der Nase viel Nougat, interessanter Weise auch einen leicht rauchigen Ton, der an gebrannte Mandeln erinnert. Auch an Erdnussbutter mag man denken, doch schon legt der „No. 1“ nach. Plötzlich ist da gewaltig viel Steinobst! Was wir anfangs für Nektarine halten, entpuppt sich mit mehr Luft als lupenreiner Pfirsichduft.
Doch keine Angst, es ist kein reiner „Nasen-Whisky“! Auch im Mund zeigt sich die Komplexität des kleinen Fasses, wie man es auch von schottischen Quarter Casks kennt. Viel Süße bringt die Rarität mit, noch markanter ist die Nussigkeit, die bereits im Duft vorgezeichnet war. Sie erinnert an reifen, trockenen Sherry. Ein wenig Karamellbonbon mengt sich dazwischen, denn im Grunde ist der mit 46% vol. gefüllte Whisky sehr weich am Gaumen. Etwas getrockneter Thymian, vor allem aber wieder Erdnüsse, diesmal deutlich salziger als im Duft, runden das Trink-Erlebnis ab.
Während dieses Stück Whisky-Geschichte aus Österreich nur auf Anfrage erhältlich ist, gehört ein anderer „15 years“ zum Standard-Sortiment. Es ist der „Original Rye“, die ursprüngliche Rezeptur Johann Haiders aus den 1990ern – 60% ungemälzter Roggen und 40% Gerstenmalz. In der Manhartsberger Eiche für 15 Jahre gereift, überrascht er mittlerweile mit einer fast unglaublichen Fruchtigkeit. Vor allem Birnen-Nektar riecht man, gefolgt von einer saftigen Orangen-Note und erst danach die herberen Getreide-Töne, die vom Fass zur duftenden Nougat-Praline umgeformt wurden.
Mit seinen 46 Volumsprozenten hat dieser J. Haider-Whisky einen durchaus kräftigen Antritt am Gaumen. Doch auch hier fächert sich schnell die schokoladige Hälfte und die fruchtige Seite auf. Dunkle Noten liefern Röstkaffee und wieder etwas Haselnuss. Eine feine rotfruchtige Ader schwillt aber immer im Hintergrund. Mal ist sie herber wie Rote Bete, dann wieder heller wie Erdbeere. Aber eine, die in dunkle Schokolade getunkt wurde. Und ein bisschen Pfeffer abbekommen hat. Denn das Finale dieses „15 years“ klingt lang und vor allem würzig aus.
Bezugsquelle:
Whisky-Erlebniswelt J. Haider, der letzte Single Malt „No. 1“ kostet 111 Euro (0,5 Liter-Flasche), der „Original Rye Whisky J.H. 15 years“ ist um EUR 75 Euro (0,7 Liter) erhältlich, beide im Webshop der Brennerei, https://waldviertlerwhisky.at