Die Professionalisierung der heimischen Whisky-Szene schreitet voran. Während ein 10-jähriger Austro-Single Malt längst nicht mehr wie das Mondkalb bestaunt wird, geht man auch bei der Vermarktung neue Wege. Der gemeinsame „dram“ der 13 Mitglieder der Austrian Whisky Association (AWA) war ein Anfang, den wir schon einmal vorgestellt haben. Nun wird mit Feuereifer an einem Whisky-Trail gearbeitet – einer Reiseroute, die es leicht macht, die heimischen Single Malt-Brenner zu besuchen.
Wir nutzten den Sommer für eben diese Route und stellen im Lauf der kommenden Wochen alle 13 Whisky-Stationen vor; natürlich stets mit einem bis zwei aktuellen Abfüllungen. Der Start im Vulkanland erfolgte bei einem der jüngsten AWA-Mitglieder. David Gölles baut mit Ruotker’s aber auf den bis 2003 zurückreichenden Erfahrungen mit Getreidebrand auf, die Vater Alois Gölles eingeläutet hat. 2016 gab es den ersten offiziellen Whiskey, den man in Riegersburg konsequent mit „e“ schreibt. Im sehenswerten House of Whiskey, Gin and Rum, das 2019 eröffnet hat, schenkt Gölles seine neueste Abfüllung ein.
„Waaßt eh, I trink nur Islay“, sei ein Satz, den er nur allzu oft zu hören bekommt bei den Führungen durch das Reich seiner 600 Fässer. Und auch, wenn der „Wilhelm III.“ klingt, als wär er für preussische Monarchisten gemacht, ist er die Antwort auf dieses vermeintliche Kennertum, das ausschließlich getorften Whisky von der Hebriden-Insel anerkennt. Dabei sind es gerade die feinen Nuancen, die das Fass-Labor und die Getreide-Vielfalt bei Gölles herausarbeiten will. Einen Dinkel-Brand im ehemaligen Shōchū-Fass aus Japan, um nur ein Beispiel zu nennen, findet man schließlich nicht an jeder Ecke.
Eindimensional rauchige Abfüllungen knüppeln aber nur allzu oft diese Finesse weg. Wer sich hingegen auf einen Weizen-Brand („an sich ein langweiliges Getreide“, so der Brenner selbst) einläßt, bekommt hier den Ruotker’s im Sherry-Fass serviert. Plötzlich duftet es nach Erdbeere aus dem AWA-Kostglas! Der Nachhall dieses Gölles-Whiskeys erinnert an die Patisserie mit seinem Mix aus Mandelkeks und Nougat.
Doch zurück zum „Wilhelm III.“, der die Freunde des Rauchs begeistern will und nicht die Einsteiger, denen der Erdnussbutter-weiche „Wheat“ weit mehr zusagen dürfte. Die Gerste für diesen neuen Whiskey kommt direkt aus Schottland und schlägt sogar an der Oberkante des handelsüblichen Phenol-Werts, einem Indikator für „Rauchigkeit“, an: Diese 50 ppm (= parts per million) kennt man von den Islay-Torfmonstern Ardbeg oder Kilchoman.
Die in Riegersburg gebrannte Version aus der über Torffeuer geräucherten Gerste hat entsprechend intensive Raucharomen aufzuweisen. Knapp fünf Jahre lagerte sie in Fässern aus amerikanischer Weißeiche, abgefüllt wurde mit 46% vol., was die Aromenkraft noch beflügelt. Wie eine frisch geöffnete Auto-Apotheke, Abteilung: Mullbinden, riecht dieser Wilhelm III.!
Es ist die trockene und medizinale Variante von Rauch, die wir vor uns haben, nicht unbedingt die würzige Duftwolke aus einer Selchkammer. Auch die maritimen Noten gehen dem steirischen Whiskey ab, dafür zeigt er im Kern eine feine Salzmandel-Note, die immer präsenter wird. Druckvoll ist der neue Ruotker’s am Gaumen; wieder kommen die zarten Medizinschrank-Noten durch, eine feine Nussigkeit ist auch zu bemerken und eine fruchtige Süße. Am ehesten erinnert sie an Datteln und getrocknete Feigen.
Schließt man den „Single Malt Whiskey“ mit ein paar Tropfen Wasser auf, wird man auch ein wenig Dörrzwetschke schmecken. Das Finale fällt – mit oder ohne Beigabe von Wasser – zart herb aus. Die Tannine des Fasses geben eine Abschiedsvorstellung, dazu gesellt sich etwas Nuss-Schokolade und im Rückaroma wieder kalter Rauch. Damit sollten nicht nur die eingangs angesprochenen, „eindimensionalen“ Whisky-Freunde ihre Freude haben!
Bezugsquelle:
Ruotker’s Whiskey, Wilhelm III ist um EUR 54,90 (0,7 Liter-Flasche) im Webshop von Ruotker’s erhältlich, https://shop.goelles.at