So richtig vorbereitet waren wir nicht, als die Präsidentin anrief. Jasmin Haider-Stadler, Whisky-Brennerin im Waldviertel und Co-Autorin Ihres Trinkprotokollanten bei „Roggen Roll“, wollte noch ein paar Bücher. Gar nicht so leicht, denn das 2016 verfasste Bändchen ist praktisch vergriffen. Doch in der unschlagbaren Ordnung des Blog-Verkostzentrums fanden sich doch noch fünf Stück. Dass es zum Buch einen Cocktail gibt, der sich nur unwesentlich anders („Rogg N‘ Roll“) schreibt, erfuhr man da noch nicht. Dafür begrüßte Philipp M. Ernst die Gäste bei der Verkostung der J. Haider-Whiskies in der Josef-Bar mit einem eleganten Drink im „Nick&Nora“-Glas. Der Ästhet der Wiener Bar-Szene und Photograph hatte auch dieses Gebinde – populär in den 1930ern nach der Filmreihe „Thin Man“ mit Myrna Loy und William Powell – gut gewählt.
Denn was er auf Basis des dunkel gerösteten Waldviertler Whiskys in seiner Bar rührt (und für seine „bottled cocktails“ auch zum Versand abfüllt), orientierte sich am „Algonquin“. Einem kräftigen Dreiteiler aus Rye Whiskey, weißem Wermut und frischem Ananas-Saft. Ob der Drink im bekannten Algonquin Hotel erfunden wurde, ist ungewiss und umstritten unter den Autoritäten, die das interessiert. Das heute älteste New Yorker Hotel, das noch in Betrieb ist, war jedenfalls Standort des berühmten Dorothy Parker-Stammtischs.
Und dass in „The Gonk“ von Journalisten und Schauspielern (etwa Harpo Marx) eifrig gepichelt wurde, ist verbürgt. „I like to have a martini, Two at the very most. After three I’m under the table, after four I’m under my host” – gehört ja nicht von ungefähr zu den bekanntesten Cocktail-Zitaten und wird „Dotty” Parker zugeschrieben. Ob der Whiskey-Ananas-Cocktail auch dabei war? Wir wissen es nicht. Und damit von New Yorks 44th Street zurück in die Wiener Sterngasse.
Abgewandelt wurde von Barchef Philipp M. Ernst weniger der Whisky – den Roggen-Brand des Originals gibt hier der „Dark Rye Malt“ Haiders – als vielmehr der Ananas-Saft des „Algonquin“. In der Josef-Bar kochte man dafür einen Cordial ein, die Mischung aus Süße und Säure macht die Ananas weniger vordergründig. Und der Chocolate-Bitter schließt an die „Walnuss- und Kakaonoten“ an, die wir in unserer Kostnotiz (hier wär sie) dem „Dark Rye“ zugeschrieben haben. Der Drink zum Buch duftet auch einladend nach Malz und Schokolade, eine ganz zarte Süße ist auch zu bemerken.
Auch am Gaumen haben die Chocolate Bitter-Tropfen und der Cordial ihre Spuren hinterlassen: Die Kanten des Roggens wurden von der Ananas abgeschliffen, sie ist anfangs gar nicht zu schmecken, sondern sorgt nur für einen säurigen Akzent – womit der Drink mit seinen 21% vol. auch eine gewisse Leichtgängigkeit erhält. Sanft wie ein Blended Scotch fügt sich der Waldviertler Whisky in dieser Kreation ein. Machen wir es kurz, auch wenn wir als „Roggen Roll“-Autor befangen sind: Dieser Drink ist eine echte Werbung für das Mixen mit Whisky, nicht nur mit heimischem. Denn soooo viele ähnlich gute Cocktail-Rezepte mit Rye gibt es auch international nicht.
Bezugsquelle:
Whisky-Erlebniswelt & Destillerie Haider, „Dark Rye Malt J. H.e“ kostet EUR 44 (0,5 Liter-Flasche) im Webshop der Brennerei, https://waldviertlerwhisky.at