Wann war es wirklich? Das letzte Mal, als Sie australischen Wein getrunken haben. Trotz der gern zu „no kangaroo“-Witzen Anlass gebenden Verwechslungsgefahr zwischen Austria und Australia, kommen die Weine des Alphabet-Nachbarn praktisch kaum auf den Tisch. Abgesehen von entsprechend teuren Preziosen wie Penfold’s „Grange“ oder Henschkes „Hill of Grace“ sieht es auch in den Restaurants kaum besser aus. Trinken uns wirklich die Engländer alles aus „down under“ weg? Oder interessiert sich hier nach den Schockwellen überholzter, aber günstiger Neue Welt-Weine keiner mehr für die Ozzie-Weine?
Denn die aktuellen Zahlen legen nahe, dass zumindest am deutschen Markt eine kleine Renaissance passiert: Bis Ende Juni 2018 stiegen die australischen Weinexporte nach Deutschland um 19% auf 59 Millionen Dollar (oder 40 Millionen Liter). Dass diese Relation auch recht billige Supermarkt-Chardonnays nahelegt, ist klar, doch auch bei der Flaggschiff-Rebsorte Australiens, dem Shiraz, gab es Zuwachs beiden teureren Qualitäten.
Und die überzeugen auch abseits der deutschen Vinotheken, wo man immer noch ein wenig Geschichte ins Verkaufsgespräch verpacken kann. Denn etliche Weinguter verdanken nicht nur ihre Namen deutschen Auswanderern des 19. Jahrhunderts. Weite statt Kleinstaaterei, könnte man als Retrospektiv-Motto der Pioniere unterstellen und sich damit diffizilere Geschichtsüberlegungen ersparen – denn es geht ja um den Wein im Trinkprotokoll.at.
Der stammt im vorliegenden Fall aus der vermutlich ältesten Shiraz-Anlage der Welt, die 1843 vom Schmied Christian Auricht in Barossa gepflanzt wurde. Australien ist bis heute frei von der Reblaus (wozu auch strenge Schutzbestimmungen beitragen), der somit „wurzelechte“ Weingarten hat somit ein Stück europäischer Rebgeschichte nach Südaustralien verpflanzt. Die „Langmeil Winery“ trägt immer noch den deutschen Namen, allerdings sind seit 2011 Paul und James Lindner für das Unternehmen verantwortlich, das lange brach lag. Dass die knapp 300 Stöcke des uralten Weingartens erhalten wurden, verdankt sich ihrer Familie.
Der rare Shiraz aus dieser Anlage trägt den Namen „The Freedom“ und spielt auf die Verfolgung von Winery-Gründer Auricht durch die preussischen Behörden an. Ohne die Flucht kein Wein in Langmeil, lautet der Subtext bei jedem Glas von dieser Rarität, einem tief dunklen Wein des Jahrgangs 2015. Die Fass-Lagerung bringt die satten Noten von Vanille, Nougat und Kokos an die Nase. Der Duft signalisiert „heavy stuff“, doch der Kostschluck läßt sich zarter an als gedacht. Wie Heidelbeeren mitsamt den Stielen kommt die Aromatik des Shiraz auf den Gaumen.
Die Würze ist von Beginn weg da, Frische wäre zu viel gesagt angesichts der 14,5% Alkohol des „Langmeil“. Doch der immer intensiveren Beerenfrucht steht in diesem unfiltrierten Australier auch eine satte Dosis Gewürze gegenüber. Neben der Vanille, die eher die Fruchtsüße unterstützt, wäre da noch Piment und eine leicht pfeffrige Note im Abgang dieses Weins aus dem historischen Weingarten am anderen Ende der Welt.
Bezugsquelle:
Langmeil Winery, Shiraz „The Freedom” 2015, ist um EUR 65 bei Vineshop.de erhältlich, www.vineshop24.de