Haus-Messen am Weingut sind in der Regel „business as usual“ für uns Verkoster. Vieles ist zu jung, um sich eine finale Meinung zu bilden, etliches überrascht in der Jugend. Aber Österreich ist nicht Bordeaux und so werden auch nicht „en primeur“ gleich Punkte vergeben und Prognosen gewagt. Umso höher ist es Hannes, Michael und Christian Reinisch anzurechnen, dass bei ihrer Frühjahrsverkostung in Tattendorf der Blick auch in die Vergangenheit gelenkt wird. Denn schließlich will man ja die 2018er und die ebenfalls aktuellen 2016er Reserven verkaufen.
Dazwischen einen 1992er (noch vor der Errichtung der neuen Betriebsstätte und von Johann „J.R.“ Reinisch gefüllt!) und einen 2000er zu stellen, freut den Weinfreund. Gänzlich spannend wird die Angelegenheit, wenn die – speziell bei Rotweinen – kontrovers diskutierten Schraubverschlüsse im direkten Vergleich zu einem Kork präsentiert werden. Und das bei einem 15 Jahre gereiften Wein. Hier kann sich jeder ein Bild machen – wenn er schnell ist. „Mit dem Schrauber haben wir genau 25 Flaschen getestet“, plaudert Hannes Reinisch aus der Geschichte dieses 2004er Pinot Noirs. Dazu handelt es sich mit dem „Holzspur“ um den Parade-Burgunder des Hauses [Für Reinisch-Pinot-Kenner: Den „Kästenbaum“ mit Klon-Material der weltbekannten Domaine de la Romanée-Conti und minimalem Hektar-Ertrag gab es damals noch nicht]. Wie unterschiedlich der Wein mit den beiden Verschlüssen reifte, zeigen unsere Verkostnotizen:
2004 mit Schrauber: Sehr würzig im Duft; erst nach Sandelholz und Eukalyptus kommt die Frucht – herbe, rote Art wie Preiselbeere – durch. Sanft und leise dagegen beginnt die „Holzspur“ 2004 am Gaumen. Dezent meldet sich die sortentypische Himbeere, die Säure ist im Finish noch deutlich vorhanden und sorgt für Zug bei einem überaus leichtfüßigen Rotwein mit 13,5% Alkohol. Für Freunde eleganter Burgunder macht diese Variante viel Freude.
2004 mit Kork: Sauerkirsche und Himbeere stehen im Duftbild im Vordergrund, die Würze geben Wacholder und ein leichter Selchrauch-Ton. Sortentypisch und in sich ruhend, bringt diese Wein weiche, rote Fruchtanklänge mit. Würze und Säure sind top eingebunden. Deutlich ist das Tannin im Abgang, das signalisiert: Hier sprechen wir gerade von der Antrinkbarkeit dieses Pinots.
Der direkte Vergleich der beiden Burgunder vom Johanneshof Reinisch ergab die folgenden
Lernpunkte nach 15 Jahren Reife
- Mehr Gerbstoff und Holz-Noten: Kork
- Offener und fruchtiger im Duft: Kork
- Filigraner und fruchtiger im Mund: Schrauber
- Frischer (in punkto Säure) wirkend: Schrauber
- Kantiger und mit mehr Lagerpotential: Kork
Ein wenig hinkt der Vergleich, da beide zur gleichen Zeit gefüllt wurden. Heute würde man den Schrauber später und mit anderer Schwefelgabe abfüllen. Dennoch überraschten die Unterschiede in ihrer Deutlichkeit. Diskutieren ließen sie sich am besten bei einem Kostschluck des aktuellen „Holzspur“ – im Gegensatz zum Test-Jahrgang 2004 ist der 2016er erhältlich.
Würze nach Unterholz, Piment und Schwarzem Pfeffer leitet einen dunklen Typus ein. Im Duftbild findet sich mehr Brombeere als Himbeere. Sehr zugänglich trotz der Jugend ist der Burgunder am Gaumen: Sanft kommen reife Himbeeren und ein Touch von Cola-Nuss zu Beginn hervor. Ab dem mittleren Gaumen vibriert der Wein vor Leben, Pfeffer und eine lebendige Säure tragen ihn eine betont langes Finale. Wie immer ein großer Wein, allerdings in einer beachtlichen Frühform. Auch wenn man diesen Pinot Noir mindestens so lange weglegen kann wie den vor 15 Jahren gefüllten 2004er. Auch das lernt man bei der Tattendorfer Hausmesse!
Bezugsquelle:
Johanneshof Reinisch, Pinot Noir „Holzspur“ 2016 ist um EUR 36,60 ab Hof bzw. im Webshop erhältlich, www.j-r.at